Lipödem und Lymphödem |
Wenn infolge eines Mammakarzinoms axilliäre Lymphknoten entfernt werden müssen, lässt ein Lymphstau meist nicht lange auf sich warten. Manuelle Lymphdrainage hilft. / Foto: Your Photo Today
Auch wenn mitunter ein Lip- und ein Lymphödem Hand in Hand gehen, sind beide Ödemarten auch isoliert auftretende Erkrankungen. Rund 80.000 Lymphödem-Betroffene in Deutschland, darunter 90 Prozent Frauen, wissen, wovon die Rede ist, wenn das körpereigene Lymphdrainagesystem schlichtweg überfordert ist und im Gegensatz zum Lipödem zu einseitigen Schwellungen in Armen oder Beinen führt. Hand- und Fußrücken sind dann mit betroffen. Weitere Unterscheidungskriterien listet die Tabelle auf.
Weil die Kapazität des Lymphsystems eingeschränkt ist, treten Transportstörungen der lymphatischen Last auf. Eiweißreiche Gewebsflüssigkeit sammelt sich nunmehr in Zellzwischenräumen, führt zu lokalen Schwellungen, das Bindegewebe vermehrt (Fibrose) und verhärtet (Sklerose) sich. Je nachdem, ob die pathologische Architektur des Lymphsystems angeboren ist oder sich erst im Laufe des Lebens entwickelt, unterscheiden Mediziner zwischen primärem und sekundärem Lymphödem.
Bei Menschen mit primärem Lymphödem ist das Lymphgefäßsystem von Geburt an fehlerhaft aufgebaut. Doch erst wenn der intakte Teil des Lymphsystems der Mehrbelastung beispielsweise während der Pubertät oder durch Verletzungen nicht mehr standhalten kann, macht sich das Lymphödem bemerkbar. In jedem Fall entwickelt sich ein Lymphödem langsam und die Schwellung nimmt mit dem Schweregrad der Dysfunktion des Lymphsystems zu.
Häufiger sind sekundäre Lymphödeme, bei denen äußere Einflussfaktoren wie Tumor-Operationen, Infektionen, eine fortgeschrittene chronisch-venöse Insuffizienz oder Hautentzündungen wie Wundrosen den Lymphabfluss empfindlich stören. Besonders häufig werden bei einer Mammakarzinom-Operation Lymphgefäße beschädigt sowie Lymphknoten entfernt. Als ein wesentlicher Risikofaktor gilt jedoch auch die Adipositas, die vermutlich den Lymphtransport mechanisch behindert.
Das Lymphsystem steht seit jeher im Schatten des Blutkreislaufs. Dabei würde letzterer ohne das Lymphgefäßsystem gar nicht funktionieren. Denn dieses dient dem Körper als eine Art Abwasserkanal oder Reinigungsstation.
Die Lymphgefäße transportieren all jene Stoffe ab, die sich im Gewebe sammeln, alles in allem bis zu zwei Liter am Tag. Nährstoffe zum Beispiel sickern stets in Flüssigkeit gelöst aus dem Kapillarnetz des Blutkreislaufs. Die Zellen nehmen auf, was sie brauchen, ein Teil der Flüssigkeit jedoch bleibt im Raum zwischen den Zellen zurück, im Interstitium, und kann nicht wieder in die Blutkapillaren aufgenommen werden. Viele Stoffe sind dazu zudem schlicht zu groß: Eiweißmoleküle, Immunzellen (die über das Lymphsystem zwischen Blut und Lymphknoten zirkulieren), Zelltrümmer und langkettige Fette beispielsweise. Blieben sie alle im Zwischenzellraum, so würde dieser sich immer weiter ausdehnen. Deshalb öffnen sich die winzigen Ästchen der Lymphgefäße, wenn der Druck steigt.
Nach und nach schließen sich die kleinen Gefäße zu immer größeren Lymphbahnen zusammen, in denen die Flüssigkeit aktiv mittels Muskelpumpe vorwärts gepumpt wird. Zwischengeschaltete Lymphknoten wirken wie biologische Filter, die Bakterien und andere Fremdkörper unschädlich machen. Im Bereich des oberen Brustkorbs schließlich münden die großen Lymphgefäße in das Venensystem und damit wieder in den Blutkreislauf.