Mehr Prävention, weniger Komplikationen |
Eine Impfung vermeidet nicht nur die Infektion an sich, sondern auch Komplikationen, die das Durchmachen der Erkrankung mit sich bringt. / © Adobe Stock/Sunny studio
Die Durchimpfungsraten in Deutschland sind eher mau. »Bei Influenza schaffen wir in den Risikogruppen gerade einmal 43 Prozent. Noch niedriger – 23 Prozent – ist die Impfrate bezüglich der Pneumokokkenimpfung. Vom 75-Prozent-Ziel der Weltgesundheitsorganisation ist Deutschland weit entfernt«, sagte Professor Dr. Thomas Weinke, ehemaliger Chefarzt am Ernst-von-Bergmann-Klinikum in Potsdam, bei einer Fortbildungsveranstaltung der Landesapothekerkammer Hessen in Gießen. Die Argumente pro Impfung müssten aber auch bei den Menschen ankommen. Insofern könne man das Impfen in Apotheken gegen Grippe und Covid-19 nur begrüßen.
Weinke, früher Mitglied der Ständigen Impfkommission (STIKO), nannte Daten, nach denen durch die Influenzaimpfung in der EU bis zu 37.000 Todesfälle verhindert werden. »Die Vakzinen sind sehr effektiv, obwohl sich die Viren so schnell verändern.« Für den Infektiologen hat die Impfung drei Ziele: erstens die Prävention der Infektion, zweitens die Verhinderung des Aufpfropfens von Pneumokokken und drittens die Vermeidung von Folgeerkrankungen.
»Die echte Grippe wird unterschätzt. Sie ist eben nicht nur eine Atemwegs-, sondern eine Systemerkrankung. Sie kann in wichtigen Organsystemen erhebliche Komplikationen verursachen.« Auf der Schadensliste stehen laut Weinke ein 10-mal höheres Herzinfarktrisiko, ein 8-mal höheres Schlaganfall- sowie 8-mal höheres Pneumonierisiko, 74 Prozent mehr hypoglykämische Entgleisungen und – besonders bemerkenswert – 23 Prozent der Über-60-Jährigen verlieren ihre Eigenständigkeit, wenn sie nach einem influenzabedingten Krankenhausaufenthalt wieder nach Hause kommen.
Erstmals gibt es in dieser Saison eine STIKO-Empfehlung für die RSV-Impfung, auch zeitgleich zur Influenza-Impfung möglich. Danach sollen sich alle Personen ab 75 Jahren sowie Personen ab 60 Jahren, die in einer Pflegeeinrichtung wohnen oder eine schwerwiegende Grunderkrankung haben, einmalig mit einem der beiden proteinbasierten RSV-Impfstoffe, Arexvy® oder Abrysvo®, impfen lassen. Den ebenfalls für diese Altersgruppe zugelassenen mRNA-Impfstoff mResvia® benennt die STIKO nicht.
Warum diese neue Indikationsimpfung für Ältere? »Obwohl RSV bei Kindern eine erhebliche Morbidität verursacht, sind die Hospitalisierungs- und Sterberaten bei älteren Erwachsenen erheblich höher.« So benannte Weinke die jährliche Krankheitslast bei Kindern unter 2 Jahren mit 26.000 Klinikaufenthalten; dabei wurden 3 Todesfälle registriert. In der Gruppe der Über-60-Jährigen erfolgen jährlich rund 34.400 Krankenhauseinweisungen, dabei aber auch 2500 Todesfälle.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.