Migräne: Hämmernde Schmerzattacken |
Verena Schmidt |
24.01.2020 16:00 Uhr |
Migräneschmerzen sind meist sehr heftig, in der Regel einseitig und von pulsierend-pochendem Charakter. In der Beratung in der Apotheke kann man sie, zumindest grob, recht gut von Spannungskopfschmerzen abgrenzen (siehe auch Tabelle). Letztere beschreiben Patienten eher als dröhnend und dumpf-drückend, oft ist hier der ganze Kopf betroffen. Ein weiterer Unterschied: Migränekopfschmerzen nehmen bei körperlicher Aktivität zu, Spannungskopfschmerzen bessern sich dagegen häufig bei Bewegung an der frischen Luft. 80 Prozent der Migräniker leiden während einer Attacke unter Übelkeit, 50 Prozent unter Erbrechen. Dazu kommen in vielen Fällen Lärm-, Licht- und Geruchsempfindlichkeit. Eine gesamte Migräneattacke dauert nach der Definition der Internationalen Kopfschmerzgesellschaft (IHS) bei Erwachsenen zwischen 4 und 72 Stunden.
Die meisten Migränepatienten brauchen in der akuten Attacke Ruhe und Dunkelheit zur Erholung. / Foto: Getty Images/bunditinay
Eine sogenannte Aura tritt bei 15 bis 20 Prozent der Patienten auf. Vor der eigentlichen Attacke bemerken die Betroffenen vielfach Sehstörungen, etwa ein Flimmern und Blitzen vor den Augen, einen blinden Fleck im Gesichtsfeld oder Doppelbilder. Dazu kommen weitere neurologische Störungen, beispielsweise ein veränderter Geschmack, Kribbeln auf der Haut, akustische Störungen, Lähmungen und Schwindel. Die Ausfallerscheinungen beginnen langsam und steigern ihre Intensität mit der Zeit. Rund eine Stunde dauert die Auraphase meist, im Anschluss folgt die Schmerzphase. Möglich sind aber auch Auraphasen ohne anschließende Kopfschmerzen.
Als Alice-im-Wunderland-Syndrom (AIWS) ist eine seltene psychiatrische Wahrnehmungsstörung, die nach dem Kinderbuch »Alice’s Adventures in Wonderland« von Lewis Caroll benannt wurde. Sie kommt bei verschiedenen Erkrankungen vor, oft als Begleiterscheinung eines Migräneanfalls und vor allem bei Kindern. Der Betroffene erlebt sich selbst oder seine Umwelt halluzinatorisch verändert. Dinge oder eigene Körperteile erscheinen beispielsweise bizarr vergrößert oder verkleinert, es treten Schwebegefühle und ein verändertes Zeitgefühl auf.
Bei starken akuten Symptomen sollte der Patient in eine vertraute Umgebung gebracht und beruhigt werden. Eine spezifische Therapie des AIWS gibt es nicht. Im Fokus steht die Behandlung der Grunderkrankung, bei Migräne sollte beispielsweise eine medikamentöse Prophylaxe gegeben werden. Bei Kindern verschwindet das AIWS bis zum Erwachsenenalter meist vollständig.
Viele Migränepatienten haben im Laufe der Zeit bestimmte Reize identifiziert, die bei ihnen die Entstehung von Attacken begünstigen oder deren Intensität verstärken. Auf welche dieser Triggerfaktoren der Patient reagiert, ist individuell unterschiedlich. Häufige Auslöser sind etwa Alkoholkonsum, vor allem Rotwein, Kaffeegenuss, Stress, Erschöpfung, Wetteränderungen und bestimmte Lebensmittel (zum Beispiel Schokolade, Käse, Zitrusfrüchte). Auch Blutzucker-Schwankungen (nach dem Auslassen von Mahlzeiten) und hormonelle Veränderungen während des weiblichen Zyklus (zum Beispiel Eisprung, Menstruation, Einnahme oraler Kontrazeptiva, Abfall der Hormonspiegel während der Pillenpause) gelten als Migränetrigger.
Charakteristik | Migräne | Spannungskopfschmerzen |
---|---|---|
Schmerz | pulsierend, pochend, hämmernd, klopfend | dumpf, drückend |
Stärke | mittelstark bis stark | leicht bis mittelstark |
Lokalisation | meist einseitig, auf einer Stirnhälfte | meist der gesamte Kopf betroffen |
Dauer | 4 bis 72 Stunden | 30 Minuten bis 7 Tage |
Aktivitäten | stark eingeschränkt bis nicht möglich, Aktivität und Bewegung verstärken die Beschwerden | möglich, aber eingeschränkt |
Weitere mögliche Symptome | Übelkeit, Erbrechen, Licht-, Lärm- und Geruchsempfindlichkeit, Aura | manchmal Appetitlosigkeit, Licht- und Lärmempfindlichkeit möglich |