Migräne immer besser behandelbar |
Verena Schmidt |
21.10.2025 08:00 Uhr |
Den ganzen Tag mit Migräne im Bett bleiben? Das muss nicht sein. In vielen Fällen lassen sich Migränekopfschmerzen gut behandeln. / © Getty Images/fizkes
Migräne ist eine der häufigsten Kopfschmerzformen. Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) leiden zwischen 10 und 15 Prozent aller Menschen innerhalb eines Jahres an Migränekopfschmerzen. Die höchste Prävalenz besteht zwischen dem 20. und dem 50. Lebensjahr – Frauen sind rund dreimal häufiger betroffen als Männer.
Inzwischen gibt es eine ganze Reihe rasch wirksamer Therapien für akute Attacken und auch effektive Möglichkeiten zur Vorbeugung. »Wie sich zeigte, hat sich das Therapiespektrum in den vergangenen Jahren stark erweitert, sodass es für nahezu alle Betroffenen Behandlungsmöglichkeiten gibt«, betont Professor Dr. Hans-Christoph Diener aus Essen, einer der federführenden Autoren der Leitlinie, in einer Pressemitteilung der DGN.
Für die Behandlung akuter Migräneattacken sind laut der jüngst aktualisierten S1-Leitlinie »Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne« die Triptane Eletriptan, Rizatriptan und Sumatriptan am wirksamsten. Sie sind Agonisten am Serotonin-5-HT1B/1D-Rezeptor und vermitteln eine Kontraktion der erweiterten Gefäße im Gehirn.
Kontraindiziert ist ihr Einsatz bei koronarer Herzkrankheit, nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall, bei anderen Gefäßerkrankungen oder bei Patienten mit nicht kontrollierbarem Bluthochdruck. »Es gibt aber gute Alternativen zur Therapie akuter Migräneattacken. Beispielsweise kann Lasmiditan, ein Serotonin-1F-Rezeptor-Agonist, in diesen Situationen verschrieben werden, da es keine vasokonstriktiven Eigenschaften hat«, so Diener. Aber: Lasmiditan kann zu zentralen Nebenwirkungen führen, unter anderem zu Müdigkeit und Schwindel. Bis zu acht Stunden nach der Einnahme darf der Patient kein Kraftfahrzeug führen und keine gefährdenden Maschinen bedienen.
»Auch Rimegepant, ein Antagonist am CGRP-Rezeptor, zeigt bei der Behandlung akuter Migräneattacken eine gute Verträglichkeit«, erklärt der Kopfschmerzexperte in der Pressemitteilung. Rimegepant blockiert die Andockstelle des Calcitonin-Gene-Related-Peptide (CGRP), ein Neurotransmitter, der im Migräneanfall eine wesentliche Rolle spielt. Es ist in einer Dosis von 75 mg zur Behandlung akuter Migräneattacken zugelassen. Sein Wirkmechanismus ähnelt dem der CGRP-Antikörper, es ist aber im Gegensatz zu ihnen oral anwendbar. Vergleichsstudien von Lasmiditan und Rimegepant zu Triptanen gibt es noch nicht.
Für die Selbstmedikation empfehlen die Leitlinienautoren Analgetika wie Acetylsalicylsäure (ASS) und nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) sowie die Kombination aus Acetylsalicylsäure, Paracetamol und Koffein; alle Optionen sind bei der Behandlung der Migräne wirksam. Leichtere und mittelstarke Migräneattacken sollten zunächst mit diesen Substanzen behandelt werden, heißt es in der Leitlinie. Sie wirkten auch bei einem Teil der Patienten mit schweren Migräneattacken.
Experte Diener betonte bei einer Pressekonferenz der Firma Opella, einer Tochter des Sanofi-Konzerns, anlässlich des Weltkopfschmerztages Anfang September, dass Kombinationsanalgetika ebenso verträglich wie Monotherapeutika sind. Studien hätten keine Hinweise auf eine erhöhte Rate schwerwiegender unerwünschter Arzneimittelwirkungen gezeigt. »Die leichten und moderaten Nebenwirkungen, die typischerweise aus dem gastrointestinalen Bereich stammen, traten in den Gruppen mit koffeinhaltigen Medikamenten und Medikamenten ohne Koffein in vergleichbarer Häufigkeit auf«, so Diener.
Auch verbessert Koffein die Wirkung der Analgetika. Das ermögliche es laut Diener in vielen Fällen, die Dosis der eigentlichen Analgetika etwas niedriger zu halten. Bei Menschen mit wiederkehrenden Kopfschmerzen, die regelmäßig auf OTC-Analgetika zurückgreifen, könne das langfristig von Vorteil sein.