Das Apothekenteam weist bei der Abgabe von NEM darauf hin, dass die empfohlenen Höchstmengen nicht überschritten werden dürfen, um Überdosierungen und Intoxikationen zu vermeiden. Bei Vitaminen und Mineralstoffen ist das Motto »viel hilft viel« ein Irrglaube. Werte für die Höchstaufnahmemenge aus allen Quellen (Tolerable Upper Intake Level, UL) haben die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority, EFSA) und ihre Vorgängerorganisation, der Wissenschaftliche Lebensmittelausschuss (Scientific Committee on Food, SCF) ermittelt (siehe Tabelle). Wer mehr einnimmt als die sichere Höchstmenge, kann Nebenwirkungen entwickeln.
Bei den Höchstmengen ist zu beachten, dass zur Aufnahme über NEM die Zufuhr aus angereicherten Lebensmitteln hinzukommt. Beides kombiniert das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in seinem Modell für Höchstmengen von Mineralstoffen und Vitaminen. Bei NEM, die physiologisch wirksame Substanzen wie Koffein oder Theanin oder Pflanzenextrakte wie Curcumin enthalten, können zu hohe Dosen ein noch weitgehend unerforschtes Gefährdungspotenzial mit sich bringen.
Nicht nur Überdosierungen können bei Vitaminen und Mineralstoffen ein Problem sein, sondern auch Interaktionen mit Arzneimitteln. Zweiwertige Ionen wie Eisen- oder Calciumionen können die Resorption und die Wirksamkeit von verschiedenen Antibiotika wie Fluorchinolonen (zum Beispiel Ciprofloxacin, Levofloxacin, oder Ofloxacin) oder Tetracyclinen (wie Doxycyclin) sowie Bisphosphonat- und L-Thyroxin-haltigen Präparaten vermindern. Ein größtmöglicher Einnahmeabstand, mindestens aber von zwei Stunden, sollte beachtet werden.
NSAR können die schleimhautreizende Wirkung von Eisen im Magen-Darm-Trakt verstärken. Kalium interagiert unter anderem mit kaliumsparenden Diuretika, ACE-Hemmern und NSAR, da diese die renale Ausscheidung von Kalium vermindern. Wenn sich die extrazelluläre Kaliumkonzentration erhöht, vermindert das die Wirkung von Herzglykosiden. Die Gefahr einer Hypokaliämie besteht, wenn Diuretika vom Thiazidtyp oder Schleifendiuretika genommen werden, welche die Kaliumausscheidung erhöhen. Das verstärkt die arrhythmogene Wirkung von Herzglykosiden. Auch eine erhöhte Calciumkonzentration im Blut steigert die Empfindlichkeit gegenüber herzwirksamen Glykosiden und folglich das Risiko von Herzrhythmusstörungen. Bei Folsäure müssen Epileptiker aufpassen. Nehmen sie mehr als 1 mg täglich ein, kann das Supplement bei ihnen krampfauslösend wirken, da es die Wirkung von Antiepileptika wie Phenytoin abschwächt. Beispiele wie diese zeigen Patienten, dass es durchaus sinnvoll sein kann, auch bei Supplementen auf die Beratung in der Apotheke zu vertrauen.
| Mikronährstoff | UL (EFSA/SCF) (≥ 18 Jahre) | DACH-Referenzwerte (≥ 19 Jahre) | Höchstmengenempfehlung des BfR für NEM (≥ 15 Jahre) |
|---|---|---|---|
| Vitamin A (mg/Tag) | 3 | 0,8–1,0 | 0,2 |
| β-Carotin (mg/Tag) | 15 | 2–4 | in NEM nur unter der Bedingung, dass alkoholfreie Getränke nicht oder nur eingeschränkt mit β-Carotin ergänzt werden |
| Vitamin D (μg/Tag) | 100 | 20 | 20 |
| Vitamin E (mg/Tag) | 300 | 11–15 | 30 |
| Vitamin B6 (mg/Tag) | 25 | 1,4–1,6 | 3,5 |
| Folsäure (μg Folatäquivalente/Tag) | 1000 | 300 | 200 |
| Nicotinsäure (mg/Tag) | 10 | 11–16 | 4 |
| Nicotinamid (mg/Tag | 900 | 160 | |
| Calcium (mg/Tag) | 2500 | 1000 | 500 |
| Magnesium (mg/Tag) | 250 | 300–400 | 250 |
| Zink (mg/Tag) | 25 | 8,0–14,0 | 6,5 |
| Kupfer (mg/Tag) | 5 | 1,0–1,5 | 1 (≥ 18 Jahre) |
| Jod (μg/Tag) | 600 | 150–200 | 100 |
| Molybdän (μg/Tag) | 600 | 50–100 | 80 |
| Selen (μg/Tag) | 300 | 60–70 | 45 |