Osteopathie für Kinder |
Wissenschaftlich ist das Konzept der Osteopathie bis heute umstritten. So gibt es bisher keine Beweise, dass die von Osteopathen erspürten Bewegungen tatsächlich existieren. Zudem wird von Kritikern angezweifelt, ob die menschliche Hand derartige Rhythmen überhaupt wahrnehmen könnte. Ein weiteres Problem der wissenschaftlichen Bewertung liegt darin, dass sich die evidenzbasierte Medizin an Krankheitsdiagnosen, die Osteopathie jedoch an individuellen Befundkonstellationen orientiert. Trotz weltweit wachsender Forschungsaktivitäten existieren nur wenige Studien, die den Anspruch der evidenzbasierten Medizin erfüllen. Eine größere Metaanalyse mit 17 randomisierten, kontrollierten Studien und insgesamt 887 Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren wurde 2013 durchgeführt. Sie kommt zu dem Schluss, dass es keinen wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweis für osteopathische Behandlungen in der Pädiatrie gibt.
Dennoch ist die Osteopathie bei Eltern beliebt und viele lassen ihre Kinder osteopathisch behandeln. In einer aktuellen Forsa-Studie, die im Auftrag des Verbandes der Osteopathen Deutschland e. V. (VOD) mit knapp 2500 Eltern durchgeführt wurde, gaben 13 Prozent der Befragten an, mit ihren Säuglingen und Kleinkindern bis zum Alter von fünf Jahren bereits einmal bei einem Osteopathen gewesen zu sein. Weitere 13 Prozent haben mit ihren 6- bis 19-Jährigen Kindern eine osteopathische Behandlung in Anspruch genommen.
Über mögliche Nebenwirkungen der Osteopathie ist ebenfalls wenig bekannt. Systematische Daten sind nicht vorhanden. In einer gemeinsamen Stellungnahme der Gesellschaft für Neuropädiatrie, der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin, dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte und der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin gehen die Experten jedoch davon aus, dass schwerwiegende Zwischenfälle bei klassischen osteopathischen Behandlungen nicht auftreten sollten. Sie seien meist die Folge abrupter Rotationsbewegungen, die in der Osteopathie nicht angewendet werden. Dennoch sehen die Kinderärzte eine gewisse Gefahr in der starken Zunahme der Behandlungen. Unter Umständen könne bei ausschließlicher osteopathischer Behandlung eine richtige Diagnose verzögert gestellt werden. Deshalb sollte der erste Gang immer zum Kinderarzt führen, auch um Kontraindikationen auszuschließen. Wichtig ist ebenfalls zu wissen, dass gerade bei Säuglingen osteopathische Indikationen wie Unruhe, übermäßiges Schreien oder Rumpfasymmetrien sehr häufig spontan und ohne jegliches Zutun verschwinden. Dennoch können Ansätze wie die Osteopathie hier durchaus ihre Berechtigung haben, da die Wirkung des Placeboeffekts manchmal einiges bewirken kann.