Übergewicht der Schwangeren beeinflusst das Kind |
Schwere Frauen bringen auch eher schwere Babys auf die Welt. Im Jahr 2017 wurden über zehn Prozent aller Neugeborenen mit einem erhöhten Geburtsgewicht von mehr als 4000 Gramm geboren, 1,2 Prozent wiesen ein sehr hohes Geburtsgewicht von über 4500 Gramm auf. Damit steigt die Gefahr für Komplikationen während der Geburt und für zukünftige gesundheitliche Probleme der Kinder. Frauenärzte sprechen von Makrosomie, wenn das Geburtsgewicht oberhalb der 95. Perzentile liegt, also mehr als 4350 Gramm beträgt. Dabei weisen die Neugeborenen bereits einen erhöhten Fettanteil im Gewebe auf. Die Rate an Kindern, die mit erhöhten Gewicht und Körperfettanteil auf die Welt kommen, steigt mit dem BMI der Mutter. Das Durchschnittsgewicht von Neugeborenen liegt in Deutschland zwischen 3200 und 3600 Gramm.
Eine Metaanalyse ergab, dass übergewichtige Neugeborene nicht nur ein doppelt so hohes Risiko für einen Typ-2-Diabetes haben. Auch die Gefahr für spätere Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Fettstoffwechselstörungen ist höher als bei normalgewichtigen Babys. Die Liste an möglichen Folgen ist aber noch länger: So hat das heranwachsende Ungeborene zum Beispiel ein höheres Risiko für angeborene Fehlbildungen. Durch ein hohes Geburtsgewicht ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass bei vaginaler Entbindung Komplikationen unter der Geburt auftreten. Mediziner beobachten bei diesen Neugeborenen häufiger ein beschädigtes Nervengeflecht im Halsbereich, Lähmungen im Arm, Fehlstellungen der Schulter oder eine Sauerstoffunterversorgung.
Das Ausgangsgewicht der Schwangeren und die Gewichtsentwicklung in der Schwangerschaft nehmen also erheblichen Einfluss auf den Stoffwechsel des Ungeborenen, teilweise mit lebenslangen Folgen. Warum es zu dieser fetalen Programmierung kommt, ist noch nicht vollständig verstanden. Eine starke Gewichtszunahme im ersten Schwangerschaftsdrittel wirkt sich offenbar besonders ungünstig aus.
Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich in solchen kritischen Phasen der Entwicklung die Funktion und die Aktivität bestimmter Gene verändern. Diese Abweichungen, die nicht die Gene selbst betreffen, bezeichnen Forscher als epigenetische Veränderungen. Dabei setzen sich bestimmte Moleküle – vorrangig sogenannte Methylgruppen – an die Gene und verändern deren Ablesen. Sie funktionieren damit ähnlich wie Schalter, die das An- oder Abschalten der genetischen Information beeinflussen. Daran können unter anderem Ernährungs- und andere Umwelteinflüsse beteiligt sein. Da letztlich jedes Gen für eine bestimmte Funktion im Körper steht, bleibt das nicht ohne Folgen für den Organismus.
Ein Überangebot an Nährstoffen kann unter anderem zu epigenetischen Veränderungen führen. Eine Studie am Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) wies in Studien mit Mäusen nach, dass eine fettreiche Ernährung während der Trag- und Stillzeit den Stoffwechsel der Nachkommen nachteilig beeinflusst. Über komplizierte Stoffwechselwege, die zum Beispiel bestimmte Hormone regulieren, zeigten sich die erwachsenen Nachkommen empfänglicher für Übergewicht und Insulinresistenz.
Die beteiligten Wissenschaftler schließen ähnliche Mechanismen beim Menschen nicht aus. Die vorgeburtliche Prägung kann jedoch auch die Funktion der Nieren, das Herz-Kreislauf-System oder Nervenzellen beeinflussen. Problematisch sind auch Veränderungen, die die Bauchspeicheldrüse mit den insulinproduzierenden Zellen betreffen. Veränderungen an Spermien und Eizellen können sogar an die nächste Generation vererbt werden.