Warum sich Blutspenden lohnt |
Barbara Döring |
05.05.2023 15:00 Uhr |
In der Altersgruppe der über 65-Jährigen sind es vor allem Krebserkrankungen des blutbildenden Systems, die zu einem hohen Bedarf an Blutprodukten führen. Dazu kommen größere, kompliziertere chirurgische Eingriffe und moderne Behandlungsverfahren wie Chemotherapie und Bestrahlung, die eine Blutarmut verstärken. Dagegen seien Hüftgelenksoperationen heute Routineeingriffe, bei denen in der Regel keine Blutprodukte gebraucht werden, wenn keine Komplikationen auftreten, erklärt der Transfusionsmediziner.
Zurzeit gehen 2 bis 3 Prozent der Bevölkerung zwischen 18 und 72 Jahren, die potenziell dazu fähig sind, zur Blutspende. Das bedeutet: 97 Prozent verlassen sich demnach auf diesen kleinen Teil der Gesellschaft. Laut Müller-Steinhardt wird das künftig nicht mehr reichen. Vier bis sechs Prozent müssten es sein, damit die Versorgung der Bevölkerung gewährleistet ist. »Eine Blutspende sollte so selbstverständlich sein wie der Besuch beim Zahnarzt oder andere Vorsorgeuntersuchungen«, betont der Mediziner. Schließlich könnte jeder einmal in die Situation kommen, selbst ein Blutprodukt zu benötigen.
»Blutspenden tut nicht weh und die Einschränkungen, die man hat, sind überschaubar«, sagt Müller-Steinhardt. Jeder, der zwischen 18 und 68 Jahre alt ist und mindestens 50 kg wiegt, kann etwas von seinem Lebenssaft abgeben, wenn er gesund ist. Um das zu klären, erfolgt vor der ersten Blutspende eine Eignungsprüfung. Mit einem medizinischen Fragebogen und einer körperlichen Untersuchung lässt sich dabei feststellen, ob sich ein Mensch grundsätzlich als Blutspender eignet oder ob medizinische Gründe dagegen sprechen. Das wären zum Beispiel Herz-Kreislauferkrankungen oder ein angeborener Herzfehler. Nicht nur der Spender wird damit vor Risiken geschützt. Auch für den Empfänger soll es keinen Nachteil geben, indem etwa Infektionskrankheiten übertragen werden.
»Bei jeder weiteren Spende folgt eine Tauglichkeitsbeurteilung, um zu sehen, ob jemand am entsprechenden Tag spendentauglich ist«, erklärt Müller-Steinhardt. So können bestimmte Ereignisse in der jüngsten Vergangenheit wie Tätowierungen oder Piercings dagegen sprechen. Hier gilt eine sogenannte Rückstellungsfrist von vier Monaten, da Infektionskrankheiten wie Hepatitis übertragen werden könnten. Wer beim Zahnarzt zur Zahnreinigung war, würde etwa 24 Stunden zurückgestellt, da bei der Behandlung Bakterien in den Blutkreislauf gelangt sein könnten. Danach sind Spenden wieder möglich. Zudem ist gesetzlich vorgeschrieben, dass anlässlich jeder Spende auf die wichtigsten Infektionskrankheiten Hepatitis B, C und E, HIV und Syphilis getestet wird. Würde dabei, etwa nach einem Auslandsaufenthalt, eine Hepatitis-B-Infektion festgestellt, wären zeitlebens keine Blutspenden mehr möglich.
Wenn Spenderblut auf einen Patienten übertragen werden soll, muss das Blut beider Personen miteinander verträglich sein. Das hängt von der Blutgruppe ab, einem individuellen Blutmuster, das vor allem von bestimmten Eiweißen und Zuckermolekülen auf der Oberfläche der roten Blutkörperchen bestimmt wird.
Insgesamt 29 Blutgruppensysteme sind bekannt, wobei klinisch vor allem drei entscheidend sind: Das ABO-, das Rhesus- und das Kell-System. Beim ABO-System unterscheidet man die Blutgruppen A, B, AB und 0. Das Rhesus-System unterteilt sich in Rhesusfaktor positiv (Rh+) und Rhesusfaktor negativ (Rh-). Auch beim Kellfaktor wird zwischen Kell-positiv (K) und Kell-negativ (k) unterschieden. Die häufigsten Blutgruppen sind A und 0.
Die Blutgruppe 0- ist besonders begehrt, weil damit auch Patienten mit jeder anderen Blutgruppe versorgt werden können. Sie wird deshalb auch als Universalblutgruppe bezeichnet. Der Bedarf an Spendern mit Blutgruppe 0- ist deshalb besonders hoch. Aber auch Spender mit den Blutgruppen A, B und AB sind wichtig, da Patienten im Idealfall mit ihrer eigenen Blutgruppe versorgt werden sollen.