Was für die Apotheken geplant ist |
Apotheken können, wenn auch alles umgesetzt wird, mit einer Honorarerhöhung rechnen. / © Adobe Stock/Chris Redan
In dem 146 Seiten starken Papier heißt es zu Apotheken: »Wir erhöhen das Apothekenpackungsfixum einmalig auf 9,50 Euro. In Abhängigkeit vom Versorgungsgrad kann es insbesondere für ländliche Apotheken in einem Korridor bis zu 11 Euro betragen.« Künftig sollen Apotheker dann ihr Honorar selbst mit dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) aushandeln. Die ABDA wünscht sich hierzu klare Leitplanken für die Verhandlungen.
Als direkt wirksame Maßnahme könnten Skonti wieder freigegeben werden. Hierzu heißt es, wie schon im Papier der Arbeitsgruppe Gesundheit: »Das Skonti-Verbot heben wir auf.«
Auch bei der Herstellung von gleichen Bedingungen für Vor-Ort- und Versandapotheken ist es geblieben – » insbesondere bei der Einhaltung von Kühlketten und Nachweispflichten. Den Apothekerberuf entwickeln wir zu einem Heilberuf weiter.«
Einleitend heißt es im Kapitel zu Apotheken: »Die Vor-Ort-Apotheken sind häufig erste Anlaufstelle in der Gesundheitsversorgung. Das Fremdbesitzverbot bekräftigen wir und stärken insbesondere Apotheken im ländlichen Raum. Wir bauen Strukturen in den Vor-Ort-Apotheken für Präventionsleistungen aus, erleichtern die Abgabe und den Austausch von Arzneimitteln und entlasten sie von Bürokratie und Dokumentationspflichten. Nullretaxationen aus formalen Gründen schaffen wir ab.«
Nachdem der Textentwurf zum Koalitionsvertrag steht, entscheiden die einzelnen Parteien (CDU, CSU und SPD) nun separat, ob sie den Vertrag annehmen. Nach positivem Votum kann der Vertrag unterzeichnet und der Bundeskanzler gewählt werden. Die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag sind rechtlich nicht bindend, stellen aber den politischen Willen dar.
Im Koalitionsvertrag finden sich zahlreiche weitere Maßnahmen, die die Gesundheitsversorgung in Deutschland betreffen, unter anderem die folgenden.
Um die GKV-Finanzen zu stabilisieren, plant die neue Koalition die Einrichtung einer Kommission unter Beteiligung von Experten und Sozialpartnern. Diese soll die gesundheitspolitischen Maßnahmen des Koalitionsvertrags überwachen und bis zum Frühjahr 2027 weitere Maßnahmen vorschlagen.
Der Koalitionsvertrag enthält keine konkreten Vorschläge zur Entlastung der GKV-Finanzen. Stattdessen heißt es nur, dass man die Einnahmen der GKV durch ein höheres Beschäftigungsniveau vergrößern und die Kosten auf der Ausgabenseite reduzieren möchte. Einige andere Vorhaben dürften die GKV aber entlasten. So sollen die Mittel für den Krankenhaustransformationsfonds jetzt aus dem Sondervermögen Infrastruktur stammen. So sparen die Krankenkassen 2,5 Milliarden Euro im Jahr.
Um die Versorgungssicherheit zu verbessern, planen die an der Regierungsbildung beteiligten Parteien die Rückverlagerung von Produktionsstandorten für kritische Arzneimittel und Medizinprodukte nach Deutschland und Europa. Die Pharmaindustrie soll gestärkt werden. Geplant ist unter anderem, das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung (AMNOG) weiterzuentwickeln.
Deutschland soll außerdem zum Spitzenstandort der Gesundheitsforschung werden. Dafür will die Koalition die Datennutzung beim Forschungsdatenzentrum Gesundheit verbessern. In der klinischen Forschung sollen Hürden abgebaut und harmonisierte Regelungen mit anderen EU-Staaten eingeführt werden, zum Beispiel hinsichtlich der CAR-T-Zelltherapie.
Um Wartezeiten auf Facharzttermine zu verringern, planen Union und SPD ein verbindliches Primärarztsystem, bei dem der Haus- oder Kinderarzt immer der erste Ansprechpartner ist. Ausnahmen sollen in der Augenheilkunde und der Gynäkologie gelten. Primärärzte oder der ärztliche Bereitschaftsdienst (Rufnummer 116 117) sollen den medizinischen Bedarf feststellen und den erforderlichen Zeitkorridor mit Termingarantie bestimmen. Die Koalition will außerdem die Entbudgetierung von Fachärzten in den unterversorgten Regionen prüfen.
Aufbauend auf der bereits angestoßenen Krankenhausreform plant die künftige Regierung, eine qualitative, bedarfsgerechte und praxistaugliche Krankenhauslandschaft zu entwickeln und die gesetzliche Grundlage bis zum Sommer 2025 zu schaffen. Um Grund- und Notfallversorgung sicherzustellen, sollen den Ländern mehr Ausnahmen und erweiterte Kooperationsmöglichkeiten gewährt werden.
Die elektronische Patientenakte (EPA) soll noch in diesem Jahr stufenweise in ganz Deutschland eingeführt werden. Einen konkreten Termin nennt der Koalitionsvertrag nicht. Zunächst ist eine bundesweite Testphase geplant, der eine verpflichtende und sanktionsbewehrte Nutzung folgt.
Die Gematik soll zu einer modernen Digitalagentur weiterentwickelt werden. Außerdem müssen nach dem Willen der Koalitionäre alle Anbieter von Software- und IT-Lösungen im Bereich Gesundheit bis 2027 einen verlustfreien, unkomplizierten, digitalen Datenaustausch auf Basis einheitlich definierter Standards sicherstellen.
Die Koalition plant eine große Pflegereform, die die nachhaltige Finanzierung und Finanzierbarkeit der Pflegeversicherung sichern sowie die ambulante und häusliche Pflege stärken soll. Kurzfristig will die Koalition zunächst ein Gesetz zur Pflegekompetenz, Pflegeassistenz und zur Einführung der »Advanced Practice Nurse« auf den Weg bringen.
Union und SPD planen ein Bürokratieentlastungsgesetz im Gesundheitswesen, das die Dokumentationspflichten und Kontrolldichten »massiv« verringern soll. Das Gesetz soll eine Vertrauenskultur etablieren und die Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Professionen stärken. Die bereits bestehenden Datenschutzvorschriften und Berichts- und Dokumentationspflichten sollen auf ihre zwingende Notwendigkeit geprüft werden.
Alle sozialversicherungsrechtlichen oder selbstverwaltenden Körperschaften des öffentlichen Rechts im Gesundheitswesen, die aus dem Beitragsaufkommen finanziert werden, sollen künftig die gleiche Gehaltsstruktur abbilden, die für die Mitarbeitenden der niedergelassenen Ärzteschaft, der Krankenhäuser und des öffentlichen Gesundheitsdienstes gelten. Künftig sollen sich die Gehälter der gesetzlichen Krankenkassen, des Medizinischen Dienstes und weiterer Akteure am Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD) orientieren.
Menschen in Gesundheitsberufen sollen besser vor Gewalt und Angriffen geschützt werden. Dafür plant die Koalition strafrechtliche Verschärfungen. Außerdem will man einen erweiterten Schutz für Kommunalpolitiker sowie für das Allgemeinwohl tätige Menschen prüfen.
Die von der Union immer wieder geforderte Rücknahme der Cannabis-Teillegalisierung hat es nicht in den Koalitionsvertrag geschafft. Stattdessen haben sich die Parteien darauf geeinigt, im Herbst 2025 eine ergebnisoffene Evaluierung des Gesetzes durchzuführen. Eine entsprechende Prüfung ist im Cannabis-Gesetz der Ampel ohnehin vorgesehen.