Wenn es nach hinten losgeht |
Ebenfalls durchwachsen ist die Datenlagen zum Nutzen von Probiotika bei Durchfallbeschwerden. Probiotika sind Zubereitungen mit vermehrungsfähigen apathogenen Mikroorganismen, die die Darmflora besiedeln. Dadurch sollen sie die Barriere-, Immun- und Stoffwechselfunktion des Darms regenerieren. Jedoch sind viele probiotische Präparat auf dem Markt, deren Zusammensetzung teilweise stark variiert, sodass die passende Auswahl oft schwerfällt. Vor allem zur Wirksamkeit der Probiotika bei Erwachsenen sind die Daten sehr heterogen. Bei Kindern hingegen gelten Probiotika als gute Option beispielsweise Präparate mit dem Hefepilz Saccharomyces boulardii (wie in Perenterol®) oder der Bakterienkultur Escherichia coli Stamm Nissle.
Als Mittel der Wahl gelten Probiotika in der Prophylaxe von Durchfällen im Rahmen einer Antibiotikatherapie. Aufgrund ihrer bakteriostatischen beziehungsweise bakteriziden Wirkung können Antibiotika die physiologische Darmflora verändern und Durchfälle auslösen, die in der Regel mild verlaufen. Schwächer fällt die Nebenwirkung im Übrigen aus, wenn das Antibiotikum nüchtern eingenommen werden kann. Es wird dann schneller absorbiert, was einen schnelleren Wirkungseintritt und kürzere Kontaktzeiten mit der Darmflora zur Folge hat. Umgekehrt erhöht eine gleichzeitige Einnahme von Loperamid oder Racecadotril die Kontaktdauer, weshalb sie begleitend zu einer Antibiotikatherapie kontraindiziert sind.
Bei Antibiotika-assoziierten Durchfällen (AAD) sollten PTA und Apotheker unbedingt eine Infektion mit Clostridioides difficile im Hinterkopf haben. Sie machen etwa ein Fünftel der AAD aus. Sie können auch erst einige Wochen nach der antibiotischen Therapie als wässrige Durchfälle auftreten, die jedoch unangenehm faulig riechen. Betroffene sollten unbedingt an einen Arzt verwiesen werden.
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Manche Patienten fragen gezielt nach Kohletabletten, um ihre Durchfallbeschwerden zu behandeln. Denn bei vielen hat sich das Wissen verankert: medizinische Kohle hilft gegen Diarrhö und kann Gifte binden.
Tatsächlich ist die adsorbierende Eigenschaft der medizinischen Kohle schon seit dem 17. Jahrhundert bekannt. Das Pulver, das aus pflanzlichen Materialien wie Kokosnussschalen oder diversen Hölzern durch Verkohlungs- und Aktivierungsverfahren gewonnen wird, ist tiefschwarz, sehr leicht und nahezu unlöslich. Wie ein Schwamm besitzt es unzählige Poren, die nur wenige Nanometer groß sind. Das schafft eine riesige innere Oberfläche. Könnte man ein Gramm Kohle wie einen Teig komplett ausrollen, würde das die Fläche eines Fußballfeldes ergeben. Diese Eigenschaft verleiht der medizinischen Kohle ein hohes Adsorptionsvermögen. Sie bindet neben Wasser verschiedenste organische und anorganische Stoffe wie Bakterien, Bakterientoxine oder Giftstoffe. Sie werden mit der Kohle über den Stuhl ausgeschieden und gelangen nicht in den Blutkreislauf.
Doch Vorsicht: Die Aktivkohle unterscheidet nicht zwischen einem wichtigen Nährstoff, einem Arzneistoff oder einem potenziellen Schadstoff. Gebunden wird alles. Schon einmalige Dosen können so die Wirksamkeit von Arzneimitteln beeinträchtigen. Sie sollten deshalb in einem Abstand von mindestens zwei Stunden eingenommen werden. Harmlos, aber erwähnenswert bei der Abgabe an den Patienten, ist die Schwarzfärbung des Stuhls.
Klinisch gut belegt ist der Einsatz als adsorbierendes Mittel bei akuten orale Vergiftungen. Jedoch sind hier hohe Mengen von bis zu über 50 Gramm notwendig. Widersprüchlicher ist hingegen die Studienlage als Mittel zur Behandlung einer akuten Diarrhö. Gängige Kohlepräparate enthalten 20 bis 30 Tabletten pro Packung, eine Tablette enthält etwa 250 mg Wirkstoff. Im Hinblick auf die Dosierung und dem zugrundeliegenden Wirkprinzip der Entgiftung zweifeln viele Schulmediziner, ob mit dieser Menge Wirkstoff ein ausreichender Therapie-Erfolg erzielt werden kann.