Wenn Muskeln Mangelware werden |
Bei jüngeren Menschen ist Muskelschwund eine seltene Erkrankung. Oft liegt die Ursache dann im Nervensystem: Wenn die Muskelzellen von den sogenannten Motoneuronen nicht die richtigen Signale erhalten, können sie sich nicht bewegen und verkümmern. Das kann zum Beispiel nach einer Rückenmarksverletzung passieren.
Manchmal ist auch eine Autoimmunerkrankung schuld: Bei Myasthenia gravis bildet das Immunsystem Antikörper gegen Neurotransmitter-Rezeptoren, die für die Reizübertragung vom Nerv auf den Muskel notwendig sind. Dadurch kann die Muskulatur nicht mehr richtig angesteuert werden und ermüdet sehr schnell. Zu Beginn äußert sich die Erkrankung oft durch Sehstörungen und Lidschwäche am Abend oder nach Anstrengung. Meist ist eine Körperseite stärker betroffen als die andere, auch die beteiligten Muskeln können variieren. Typisch ist, dass sich die Beschwerden nach einer Ruhephase wieder bessern.
An Myasthenia gravis leidet etwa eine von 10.000 Personen. Frauen erkranken in der Regel ab etwa 20 Jahren, Männer etwas später und meist weniger stark. Die Behandlung erfolgt oft mit Corticosteroiden und/ oder Immunsuppressiva wie Azathioprin. Spezielle Medikamente (Pyridostigmin, Prostigmin) können den Abbau des Neurotransmitters Acetylcholin bremsen und die Nervenimpulse verstärken. Neu ist das Immunsuppressivum Efgartigimod alfa (Vyvgart®), ein Antikörperfragment, welches den Abbau von speziellen Autoantikörpern bei Myathenia gravis ermöglicht.
Noch seltener, bei ein bis zwei von 100.000 Menschen, tritt die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) auf. Dabei handelt es sich um eine Erkrankung von motorischen Nervenzellen im Rückenmark und ihren Fortsätzen zur Muskulatur. Sie kann sich in unwillkürlichen Zuckungen, Krämpfen und Muskelschwund äußern. Anfangs ist oft zum Beispiel nur eine Hand betroffen, später breitet sich die Schwäche auf Arme und Beine und schließlich die Atemmuskulatur aus. Auch die Sprach-, Schluck- und Kaufähigkeit können leiden. ALS beginnt meist im mittleren Lebensalter. Zur neuroprotektiven Therapie steht in Europa die glutamathemmende Substanz Riluzol (Rilutek®) zur Verfügung.