Wie Meere, Flüsse und Seen unsere Psyche stärken |
Wer regelmäßig Zeit an Flüssen, Seen oder Meeren verbringt profitiert laut Experten. Eine Studie hat gezeigt, dass Menschen, die in Küstennähe leben oder das Meer regelmäßig besuchen, ein besseres Gesundheitsbefinden haben. / © Getty Images/Heide Benser
Ohne Wasser kein Leben. Aus dem Wasser entstand das Leben auf der Erde, Wasser ist für uns überlebenswichtig. Die Siedlungen unserer Vorfahren entstanden bevorzugt an Flüssen und Küsten. Diese frühe Prägung hat sich tief in unserem Unterbewusstsein verankert.
Aus psychologischer Sicht wirkt Wasser nicht nur deshalb anziehend. Ein Aufenthalt am Meer, See oder Fluss senkt den Cortisolspiegel – das Gehirn schaltet in einen ruhigeren Modus. Die Umweltpsychologin Sandra Geiger verweist auf die sogenannte Stressreduktions-Theorie. Laut ihr ruft die Natur mit Pflanzen oder Wasser positive Emotionen hervor – Interesse, Freude und Ruhe. Das fördert die Erholung und reduziert das Stresserleben.
Eine weitere theoretische Grundlage liefert die Aufmerksamkeits-Erholungs-Theorie. In einer hektischen, lauten und uns oft mit Reizen überflutenden Umgebung wie der Stadt ist unsere Aufmerksamkeit ständig gefordert. Die Zeit in der Natur schafft einen Ausgleich. »Sie lenkt ab – aber auf eine weniger anstrengende Weise«, so die Wissenschaftlerin. Der Blick auf die gleichmäßige Bewegung des Wassers beruhigt. Sorgen verlieren an Gewicht, die mentale Präsenz kann sich erholen.
Historisch gesehen war das nicht immer so. Im Mittelalter galt das Meer als bedrohlich – voller Gefahren und Unsicherheiten. »Das änderte sich mit der Aufklärung und dem Aufkommen der Kurorte im 18. Jahrhundert«, sagt der Psychologe Florian Schmid-Höhne. Heute wissen wir: Das Meer entspannt unsere Psyche. »Der Blick in die Weite beruhigt unsere Augen, unser Gemüt. Farbpsychologisch trägt auch die blau-grüne Färbung dazu bei.« Sie steht für Weite, Ruhe, Entspannung.
Doch nicht nur das Sehen wirkt – auch der Klang hat Einfluss. Das Rauschen der Wellen, das gleichmäßige Plätschern eines Baches: »Wassergeräusche werden oft als positiv empfunden«, sagt Sandra Geiger. Forschende der Carlton University und der Michigan State University untersuchten die Auswirkungen natürlicher Klanglandschaften in US-amerikanischen Nationalparks. Das Ergebnis: Schon das bewusste Hören von Naturgeräuschen kann Schmerzen und Stress verringern, die Stimmung aufhellen und die kognitive Leistung verbessern. Wassergeräusche hatten dabei den größten Einfluss auf die Gesundheit und positive Gefühle. Auch tiefenpsychologisch lassen sich Erklärungen finden: Das gleichmäßige Rauschen des Meeres löst laut Schmid-Höhne das Gefühl von Geborgenheit in uns aus. Es kann uns unterbewusst an die Zeit im Mutterleib erinnern.