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Entbinden ohne Trauma

Die Geburt sensibel begleiten

Nicht immer gelingt die Geburt eines Kindes so, dass Frauen mit positiven Gefühlen das Leben mit dem Neugeborenen beginnen können. Denn eine Geburt kann auch traumatisieren, entweder durch als furchtbar empfundene Erlebnisse im Kreißsaal oder weil alte Traumatisierungen reaktiviert werden. Die Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM) klärt in einer Pressemitteilung auf, wie sich das verhindern lässt.
Isabel Weinert
05.08.2024  12:00 Uhr

Nicht immer ist in der Geburtshilfe ausreichend Zeit, Mütter über die nächsten Schritte aufzuklären, denn wenn sich die Lage verschlechtert, müssen Mediziner und Hebammen schnell handeln. Dann weiß oft die Gebärende von allen Anwesenden am wenigsten darüber, was gerade entschieden wird und warum. Ein Gefühl von Kontrollverlust und Hilflosigkeit kann sich hier, aber auch während einer komplikationslosen Geburt einstellen, so die DGPM.

»Wir gehen davon aus, dass mehr Frauen als allgemein angenommen ihre Geburt traumatisch erleben«, sagt Professorin Dr. med. Kerstin Weidner, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik der TU Dresden in der Pressemitteilung. Das Gefühl, einer Situation hilflos ausgeliefert zu sein, sei eine der klassischen Ursachen für posttraumatischen Stress.

Beziehung belastet

Studien zeigen, dass posttraumatische Stresssymptome nach der Entbindung bei rund jeder achten Frau auftreten, schreiben die Experten der DGPM. Mehr noch, bei 5 Prozent lag sogar eine voll entwickelte posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) vor. »Sie ist gekennzeichnet durch anhaltendes Bedrohungsempfinden, wiederholtes gedankliches Durchleben des Traumas und das Vermeiden möglicher Triggersituationen«, erklärt Weidner.

Auch depressive Verstimmungen zählen zu den häufigen Symptomen. »In dieser Verfassung fällt es vielen Müttern schwer, eine befriedigende und stabile Bindung zu ihrem Kind aufzubauen«, so die DGPM-Expertin. Mitunter können die betroffenen Frauen auch keine Muttergefühle entwickeln, machen sich selbst Vorwürfe und ziehen sich zurück.

Das subjektive Erleben

Das geburtshilfliche Personal spielt eine maßgebliche Rolle dabei, derartige Entwicklungen möglichst zu verhindern. »Wie die Geburt erlebt wird, wird wesentlich durch die Interaktion und Kommunikation des Fachpersonals mit der gebärenden Frau, aber auch dem Partner oder der Partnerin bestimmt«, erläutert Weidner.

Die WHO empfiehlt, hier vor allem das emotionale und subjektive Erleben der Frau in den Vordergrund zu stellen, denn hiervon hängt ganz individuell ab, welche Situationen traumatisierend wirken. »Das macht es schwer, verallgemeinernde Aussagen zu formulieren«, so Weidner in der Pressemitteilung. Studien zeigten jedoch, dass eine emotional unterstützende und respektvolle Geburtsbegleitung einen starken schützenden Einfluss habe. 

Gezielt nachfragen

Von großer Bedeutung ist die Vorgeschichte der Schwangeren, denn manche Situation im Kreißsaal kann an frühere Traumatisierungen erinnern, so etwa, wenn männliche Fachkräfte zugegen sind. Auch bestimmte Sinneseindrücke, Schmerzen oder Untersuchungen und Gebärpositionen können an Vergangenes erinnern. »Daher ist es sinnvoll, sowohl allgemeine als auch individuelle Risikofaktoren für ein traumatisches Geburtserleben zu kennen und Frauen mit erhöhtem Risiko zu identifizieren«, betont Weidner. 

Die DGPM schreibt weiter: »Besonders häufig erleben Frauen eine Geburt als traumatisch, wenn die Schwangerschaft ungeplant war, ihr Umfeld sie nur wenig unterstützt oder wenn sie bereits früher ein traumatisches Geburtserlebnis, einen Unfall oder eine körperliche, sexuelle oder emotionale Gewalterfahrung hatten.« Deshalb rät die Expertin Medizinern und Hebammen, dass diese bereits während der Schwangerschaftsvorsorge oder Geburtsvorbereitung gezielt nach einer Vortraumatisierung fragen. Es sei aber auch für betroffene Frauen sinnvoll, Derartiges anzusprechen. 

Erklärungen geben

Damit sich Gebärende unter der Geburt ihres Kindes nicht ausgeliefert und hilflos fühlen, rät die DGPM dazu, alle Behandlungsschritte zu erklären, die werdende Mutter möglichst in alle Entscheidungen einzubinden und vorab Stoppzeichen zu vereinbaren, mit denen die Mutter signalisieren kann, dass etwas gar nicht geht. Weidner: »Als vermeidbare Trigger während der Geburt gelten außerdem das Gefühl, von den Fachkräften ignoriert zu werden, aber auch unangekündigte oder unsensible Untersuchungen.«

Selbstverständlich sollten auch unsensible Anweisungen, schlimmstenfalls im Befehlston, unterbleiben. Derartige Sätze wie »Lassen Sie locker!« oder »Machen Sie die Beine breit!« gehörten zur Tätersprache. »Diese Maßnahmen werden unter dem Schlagwort ›traumasensible Geburtshilfe‹ zusammengefasst und sollten im Kreißsaal Standard sein«, so Weidner. Funktionieren kann das am besten mit einer ausreichenden Zahl gut geschulter Fachkräfte, die zudem nicht unter Zeitdruck stehen sollten. 

Binnen 72 Stunden

Nach der Geburt rät die Fachgesellschaft dazu, das Erleben der Frau nachzubesprechen, indem man sie dazu befragt. »Es gibt Hinweise, dass ein offenes, empathisches Gespräch, Psychoedukation und das erklärende Aushändigen von Selbsthilfematerialen innerhalb von 72 Stunden oder auch die Vermittlung in weiterführende Angebote eine PTBS oder Depression verhindern und die Mutter-Kind-Bindung fördern können«, betont Weidner in der Pressemitteilung. Auf diese Weise erkennt man Frauen, die Symptome einer Traumatisierung empfinden oder zeigen, wie auch solche mit einem hohen Risiko dafür und kann ihnen zeitnah Hilfe bieten. Dafür eignen sich psychosomatische und psychiatrische Abteilungen, die am besten ein spezielles Mutter-Kind-Angebot bieten sollten.

»Hier, wie auch vorab der Entbindung, ist eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit wichtig«, so Weidner. Sie könne wesentlich dazu beitragen, dass mehr Mütter die erste Zeit mit ihrem Kind unbeschwert genießen könnten.

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