Übelkeit und Abdominalschmerzen gehören zu den bekannten und häufigeren Nebenwirkungen der sogenannten Abnehmspritzen. In wenigen Fällen können diese jedoch ernster sein. / © Getty Images/Antonio_Diaz
Bekannt und vermerkt als sehr häufige bis häufige Nebenwirkung von GLP-1-Agonisten sind gastrointestinale Symptome wie Übelkeit und Erbrechen, Durchfall, Verstopfung, Gastritis, Abdominalschmerzen und Spannungsfühl, Völlegefühl und Blähungen, Sodbrennen, Gelenkentzündungen, Schlafstörungen oder Hypotonie. In seltenen Fällen kann die Anwendung jedoch auch schwerere Nebenwirkungen, wie entzündliche Prozesse in den Nieren und der Bauchspeicheldrüse fördern.
So wurde bereits 2023 in einer in der Fachzeitschrift »JAMA« veröffentlichten Studie festgestellt, dass das Risiko einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse, die starke Schmerzen verursacht und in einigen Fällen einen Krankenhausaufenthalt und eine Operation erfordert, etwa neunmal höher ist. Ein Darmverschluss und eine Magenlähmung, bei der Nahrung schlechter vom Magen in den Dünndarm gelangt, wurden jeweils etwa viermal häufiger beobachtet. Es zeigte sich zudem eine Tendenz zu vermehrten Gallenwegserkrankungen.
Das Forschungsteam um Mohit Sodhi von der Universität British Columbia in Vancouver hatte für ihre Studie etwa 16 Millionen Personen ohne Diabetes untersucht, denen zwischen 2006 und 2020 Semaglutid oder Liraglutid zur Gewichtsabnahme verschrieben wurden. Sie verglichen die Häufigkeit von Magen-Darm-Erkrankungen mit Personen, die Präparate mit anderen Wirkstoffen zur Gewichtsabnahme eingenommen hatten.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM) warnt zudem vor dem Verlust von Muskelmasse durch die Verwendung einer Abnehmspritze. Viele Menschen unterschätzten, dass bei raschem Gewichtsverlust nicht nur Fett, sondern auch Muskeln verloren gingen. Es müsse daher gleichzeitig auf eine eiweißreiche Ernährung und Bewegung geachtet werden. Die DGEM hält beim Abnehmen eine qualifizierte ernährungsmedizinische Betreuung daher als unverzichtbar.
Ein eher optisches Problem kann das sogenannte Ozempic-Face werden. Denn durch die Abnehmspritze wird nicht nur die Körpersilhouette schmaler, sondern auch das Gesicht. Die Folge: deutlich tiefere Falten, eingefallene Wangen und schlaffe Haut, vor allem an der Kinnpartie. Denn auch dort gehen Fettreserven verloren. »Durch die Abnehmspritzen kommt es zu einem Fettgewebeverlust. Dann fehlen sozusagen die Federn, die das Kissen füllen. Die Hülle ist noch intakt«, erklärt Professorin Dr. Christiane Bayerl von der Gesellschaft für Dermopharmazie auf Nachfrage von PTA-Forum.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Verwendung von Abnehmspritzen bei gleichzeitiger Hormonersatztherapie (HRT) in den Wechseljahren. Dr. Susan Zeun, Fachärztin für Klinische Pharmakologie und Expertin für Phytotherapie geht davon aus, dass die Abnehmspritze auch die Wirkung einer HRT beeinflussen könnte. Denn nicht nur Nahrung verweile durch die Wirkung der Abnehmspritze länger im Magen, auch oral eingenommene Medikamente würden verzögert weitergeleitet. Und das gelte auch für das Hormon Gestagen, das in der Regel Teil einer HRT ist und Frauen, deren Gebärmutter nicht entfernt wurde vor krankhaften Veränderungen der Gebärmutterschleimhaut und im schlimmsten Fall vor Gebärmutterkrebs schützt. Durch die verzögerte Magenpassage könne sich die schützende Wirkung des Gestagens unter Umständen nicht wie gewünscht entfalten – ohne dass betroffene Frauen es bemerkten.
Des Weiteren werden auch ungeplante Schwangerschaften zu den möglichen Risiken und Nebenwirkungen einer Therapie mit GLP-1-Analoga gezählt. Darauf weist die Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG) hin. Nehmen Frauen ab, reguliert sich häufig der Zyklus besser und die Chancen für eine Schwangerschaft steigen. Zudem wird vermutet, dass diese Medikamentenklasse auch die Wirksamkeit von hormonellen Kontrazeptiva beeinträchtigen könnte, durch Nebenwirkungen wie Erbrechen, Durchfall oder verzögerte Magenentleerung.
Arzneistoffe aus der Gruppe der selektiven GLP-1-Agonisten rufen die gleichen Effekte wie das Inkretinhormon Glucagon-like Peptide-1 hervor. Sie stimulieren glucoseabhängig die Insulinausschüttung, senken den Glucagonspiegel, verzögern die Magenentleerung und vermindern den Appetit.
In Deutschland sind folgende Präparate zum Gewichtsmanagement zugelassen – ab einem Body-Mass-Index (BMI) von 30 beziehungsweise bei mindestens einer gewichtsbedingten Begleiterkrankung ab einem BMI von 27:
Nicht (oder noch nicht) spezifisch zur Gewichtsreduktion zugelassen (nur Typ-2-Diabetes):
Alle werden subkutan als Injektionslösung oder -suspension verabreicht. In der Pipeline befinden sich unter anderem der Triple-Hormon-Rezeptoragonist Retatrutid, der noch einmal wirksamer sein soll als Tirzepatid und einen Gewichtsverlust von mehr als 30 Prozent ermöglichen soll. Zudem wird an oral verfügbaren Präparaten geforscht.