Erste Hilfe per Radio |
Geschafft! Prüfung als Rettungsschwimmer bestanden. Teilnehmer der Rettungsschwimmerkurse bei der hr3-Aktion »Mehr Helden für Hessen. Tobi wird Rettungsschwimmer – und du auch« im Schwimmbad An der Lache in Rüsselsheim am Main. / Foto: HR_Martin Karry
100 neue Rettungsschwimmer für Hessen zu finden, könnte schwer werden. Das dachte sich Tobi Kämmerer, als er im vergangenen Sommer in seiner Morningshow des Hessischen Rundfunks gemeinsam mit der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft DLRG und der hessischen Weltklasse-Schwimmerin Sarah Wellbrock mit der Aktion »Mehr Helden für Hessen. Tobi wird Rettungsschwimmer ─ und Du auch« unermüdlich für das Thema »Sicherheit im Wasser« aufrief. Am Ende waren es sogar doppelt so viele Teilnehmer, die wochenlang mit Frontmann Tobi für die DLRG-Prüfung trainierten und ihr Rettungsschwimmerabzeichen in Bronze machten.
Der Radiomoderator weiß: »Ob du entspannter Badeseebesucher oder ambitionierter Schwimm-Wettkämpfer bist, Studentin oder Familienvater, ob du schwimmst, im Kanu sitzt oder auf dem Stand-Up-Paddle-Brett stehst: Jeder mit einer Rettungsschwimmer-Ausbildung kann im Ernstfall Leben retten.« Genau hier liegt der entscheidende Punkt: »Die Menschen müssen spüren, dass jeder helfen kann und sollte. Dass die Aktion so erfolgreich war, ist auch eine Anerkennung für meine Arbeit beim Radio. Dass das, was du machst, auch Wirkung zeigt. Uns ist es gelungen, so viele Menschen zu mobilisieren für etwas, für das sie Zeit investieren müssen.« Das soziale Engagement wurde mit der Nominierung für den Deutschen Radiopreis 2023 in der Kategorie »Beste Programmaktion« belohnt.
Seit Juli 2023 gibt es noch »Mehr Helden für Hessen«: Mit Erste-Hilfe-Kursen im ganzen Land hat hr3 1000 neue Ersthelfer an einem Wochenende gewonnen. Wieder motivierte Tobi Kämmerer tagtäglich in seiner Radiosendung die Hörer, einen Erste-Hilfe-Kurs zu machen und ging selbst mit gutem Beispiel voran.
Je weniger Menschen sicher schwimmen können, desto mehr wächst die Gefahr am und im Wasser. Die DLRG fürchtet zunehmend um die Sicherheit an Gewässern. »Wir gehen davon aus, dass nicht einmal jedes zweite Kind, das die Grundschule verlässt, sicher schwimmen kann«, sagte DLRG-Präsidentin Ute Vogt anlässlich des 110-jährigen Bestehens des Verbandes Anfang September. »Wer sich aber nicht sicher im nassen Element bewegen kann, wird sein Leben lang am, auf und im Wasser gefährdet sein.« Vogt machte klar, dass auch wegen der alternden Bevölkerung der Anteil älterer Menschen steige, die ertrinken. »Ursächlich sind allzu oft gesundheitliche Probleme. Mit einem besseren Wissen um die Problematik ließe sich ein Teil der tödlichen Unfälle sicher vermeiden.« Dennoch gehe es darum, zuerst bei den Jüngsten anzusetzen. »Es muss gelingen, dass alle Kinder in der Schule zu sicheren Schwimmern ausgebildet werden«, mahnte Vogt.
In der Tat ist nicht zuletzt durch häufig ausfallenden Schwimmunterricht in den vergangenen Jahren die Zahl der Nichtschwimmer gestiegen. Nach einer Forsa-Umfrage im Auftrag der DLRG ist der Anteil der Grundschulkinder, die nicht schwimmen können, zwischen den Jahren 2017 und 2022 von 10 auf 20 Prozent angewachsen. Neue Gefahr bringe auch das in Mode gekommene Stand-Up-Paddling mit sich. Nach Angaben der DLRG kümmern sich die Stehpaddler zu wenig um ihre Sicherheit und tragen oft keine Schwimmweste. Auch Nichtschwimmer trauten sich auf die Bretter.
Damit im Fall der Fälle die Betroffenen überleben, ist vor allem eines wichtig: dass ihnen schnell geholfen wird. Das gilt im Wasser genauso wie an Land. Doch nur, wenn man weiß, was zu tun ist, kann man nach dem Rufen des Rettungsdienstes sofort mit Wiederbelebungsmaßnahmen starten. Das ist die Intention der »Woche der Wiederbelebung«, bei der einmal im Jahr die Laienreanimation im Fokus steht. Die Aktionswoche, die dieses Jahr vom 18. bis 24. September stattfand, wurde 2012 vom Berufsverband Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten (BDA) und der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) ins Leben gerufen und steht jährlich unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Gesundheit.
Dem Ziel, die Quote der Laienreanimation deutlich zu erhöhen, ist man durch die vielfältigen Aktionen im Rahmen der Aktionswoche bereits ein großes Stück nähergekommen. So ist die Quote laut den Daten des Deutschen Reanimationsregisters von knapp 30 Prozent im Jahr 2012 auf rund 50 Prozent im vergangenen Jahr gestiegen. Jedes Jahr erleiden immerhin rund 50.000 Menschen in Deutschland einen Herz-Kreislauf-Stillstand außerhalb eines Krankenhauses. Doch noch immer liegt Deutschland unter dem europäischen Durchschnitt und weit entfernt von den skandinavischen Ländern als Spitzenreitern.
»Erste Hilfe bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand ist überlebenswichtig und eine Bürgerpflicht«, sagte Professor Dr. Jan-Thorsten Gräsner, Direktor des Instituts für Rettungs- und Notfallmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein und Sprecher der Sektion Notfallmedizin der DGAI. »Jeder Bürger– auch schon im Schulalter – kann bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand helfen und mit einfachen Maßnahmen der Wiederbelebung beginnen, um die Zeit bis zum Eintreffen von Notarzt- und Rettungsdienst zu überbrücken. Man kann nichts falsch machen. Der einzige Fehler ist nichts zu tun.«
Der Ablauf, den sich jeder merken kann, lautet dabei »prüfen, rufen, drücken«: Das Bewusstsein prüfen, den Notruf 112 wählen und bei nicht vorhandener Atmung mit der Herzdruckmassage beginnen.
Die Wiederbelebungsmaßnahmen sind so lange durchzuführen, bis der Rettungsdienst eintrifft.
»Prüfen, rufen, drücken«: So geht Wiederbelebung richtig. / Foto: Adobe Stock/benjaminnolte
In jeder Apotheke sind ausgebildete Ersthelfer, Material (Inhalt von Verbandskästen nach DIN 13157, DIN 13169) und Plakate zur Ersten Hilfe Pflicht. So regelt es die Vorschrift der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Dazu bestimmt der Apothekeninhaber unabhängig von der Ausbildung, wer vom Apothekenpersonal diese Aufgabe übernimmt.
Von der Größe der Apotheke und der Mitarbeiteranzahl ist es abhängig, wie viele Ersthelfer anwesend sein müssen. Arbeiten zwischen 2 und 20 Personen zeitgleich in der Apotheke, muss ein ausgebildeter Ersthelfer während der Öffnungszeiten vor Ort sein. Das kann bei einer 40-Stunden-Woche auch die Bestellung von mehreren Ersthelfern erforderlich machen. Auch wenn mehr als 20 Personen zeitgleich arbeiten, braucht es zwei Ersthelfer.
Der Umfang eines Grundlehrgangs umfasst neun Stunden à 45 Minuten, ein Auffrischungskurs ist alle zwei Jahre vonnöten. Dieser dauert acht Stunden. Die Frist von zwei Jahren darf nicht verstreichen. Andernfalls ist der Grundlehrgang zu wiederholen. Diese Schulungen werden nur bei ermächtigten Stellen anerkannt, wie des Arbeiter-Samariter-Bundes in Deutschland, des Deutschen Roten Kreuzes, Johanniter Unfall Hilfe und des Malteser Hilfsdienstes.
Der Ersthelfer versorgt die Verletzten bei einem Arbeitsunfall. Über jede Erste-Hilfe-Maßnahme besteht Dokumentationspflicht. Die Unterlagen sind fünf Jahre aufzubewahren. Der Ersthelfer übernimmt die Absicherung der Unfallstelle, alarmiert den Rettungsdienst und beginnt bei Bedarf mit lebensrettenden Maßnahmen. Achtung: Notfall-Medikamente wie etwa Asthmasprays oder solche mit Glyceroltrinitrat dürfen auf keinen Fall verabreicht werden.