Genesen und trotzdem chronisch krank |
Als Long Covid gelten nach den aktuellen Leitlinien alle gesundheitlichen Einschränkungen, die länger als vier Wochen nach der Infektion anhalten. Der Ausdruck hat sich mittlerweile als Überbegriff für Corona-Langzeitfolgen eingebürgert. Wenn die Beschwerden ein Vierteljahr oder länger bestehen, die Lebensqualität erheblich einschränken und anderweitig nicht erklärbar sind, handelt es sich laut Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO um ein Post-Covid-Syndrom.
Die Symptome sind vielfältig und betreffen unterschiedliche Körperregionen: die Atemwege, das Herz-Kreislauf-System, die Muskulatur, das zentrale Nervensystem, die Psyche und den Stoffwechsel. Im Zentrum steht oft die krankhafte Erschöpfung (Fatigue), die es den Betroffenen unmöglich macht, ihren Alltag zu meistern. Häufig kommen Schmerzen dazu – etwa Kopf-, Brust-, Bauch- oder Gelenkschmerzen. Viele Patienten können sich kaum mehr konzentrieren oder haben Gedächtnisprobleme, was oft mit dem Ausdruck Brain Fog (Gehirnnebel) beschrieben wird. Manche leiden schon bei geringsten Anstrengungen an Luftnot. Auch Riech- und Geschmacksverlust, Stimmungsschwankungen, Schlafschwierigkeiten, Sehstörungen, Hautveränderungen oder Haarausfall werden häufig genannt. In einer britischen Studie zeigte sich für 62 Symptome ein statistisch signifikanter Zusammenhang mit einer zurückliegenden SARS-CoV-2-Infektion.
Long-Covid-Patientin Julia Davids hat keine Kraft, einen normalen Alltag zu bewältigen. Schon leichte Anstrengungen überfordern sie und verschlechtern die Symptome. / Foto: privat
Die Beschwerden können in unterschiedlicher Kombination und Schwere auftreten; manchmal beginnen sie erst nach der akuten Krankheitsphase, manchmal kehren sie im Lauf der Zeit zurück oder verschlechtern sich. Einige Patienten können – wie Julia Davids – ihren Alltag nicht mehr ohne Hilfe bewältigen. Ähnlich wie bei ihr rächt sich auch bei vielen anderen Betroffenen schon eine leichte Überforderung durch eine deutliche Verschlechterung, die oft verzögert auftritt. Mediziner bezeichnen dies als postexertionelle Malaise. »Ein Auslöser kann auch Stress im persönlichen Umfeld sein«, berichtet Davids. »Zum Beispiel, wenn mich Bekannte als Simulantin beschimpfen oder sagen, ich soll mich endlich mal zusammenreißen und mehr Sport machen.«
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.