Herzdruckmassage mit durchgestreckten Armen in der Brustmitte – so funktioniert die wichtigste Maßnahme der Wiederbelebung. / © Getty Images/Science Photo Library
Wüssten Sie, was genau zu tun ist, wenn auf einmal eine Person bewusstlos vor Ihnen zusammensackt, nicht mehr ansprechbar ist und nicht mehr atmet? Klar, dann sollte man über den Notruf 112 Hilfe anfordern. Doch das ist längst nicht alles. Professor Bernd Böttiger, Bundesarzt des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), erklärt im Interview, wie eine Herzdruckmassage funktioniert und welche drei Fehler man in Notfällen vermeiden sollte.
Bernd Böttiger: Ihr schneller Einsatz ist im wahrsten Sinne des Wortes lebensrettend. Viele Menschen wissen nicht, dass man beim Kreislaufstillstand nicht abwarten darf, bis der Rettungsdienst eintrifft. Das wäre das Todesurteil für die betroffene Person.
Wenn das Herz nicht mehr schlägt, gelangt nämlich kein Blut und damit kein Sauerstoff mehr ins Gehirn. Dabei verbraucht das Gehirn mit seinen hoch entwickelten Nervenzellen rund 20 Prozent des Sauerstoffs, obwohl es nur ein bis zwei Prozent des Körpergewichts ausmacht. Schlägt das Herz nicht mehr, stirbt das Gehirn nach drei bis fünf Minuten. Der Rettungsdienst ist hierzulande im Median nach neun Minuten vor Ort.
Hier kommen Ersthelferinnen und Ersthelfer ins Spiel: Ihre Aufgabe ist, die Zeit zu überbrücken. Und zwar, indem sie die Pumpfunktion des Herzens von außen übernehmen – mit einer Herzdruckmassage.
Böttiger: Viele haben noch das Bild des dänischen Fußballspielers Christian Eriksen im Kopf, der 2021 während eines EM-Spiels kollabiert ist. Er hatte Glück, dass das in einem Umfeld passiert ist, in dem viele wussten, wie die Herzdruckmassage geht. Und deshalb ist er auch heute noch Profifußballer.
Die meisten solcher Notfälle – schätzungsweise 70 Prozent – passieren zu Hause. Jemand kippt um oder fällt einfach vom Stuhl. Das Vorgehen ist immer gleich: Prüfen, Rufen, Drücken.
Nun heißt es: drücken, entlasten, drücken, entlasten – ohne Unterbrechung, bis der Rettungsdienst eintrifft. Wenn man nicht alleine ist, wechselt man sich spätestens nach rund zwei Minuten ab. Die Frequenz beim Drücken ist übrigens etwa zweimal pro Sekunde. Ich empfehle jeder und jedem, sich ein Lied zu merken, das man sich im Notfall vor Augen führen kann. Der Klassiker ist »Stayin' Alive« von den Bee Gees – aber der Radetzky-Marsch von Strauss oder »Atemlos« von Helene Fischer gehen auch.
Böttiger: Man kann drei Dinge falsch machen. Erstens: Gar nichts tun – das ist das Allerschlimmste. Der zweite Fehler ist, einen Herzkreislaufstillstand nicht zu erkennen und die Person erst einmal in die stabile Seitenlage zu legen. Das ist ungefähr so effektiv wie gar nichts zu tun. Leider ist die stabile Seitenlage in vielen Köpfen fest verankert, sodass sie häufig fälschlicherweise auch bei einem Herzstillstand zum Einsatz kommt.
Der dritte Fehler ist, bei der Herzdruckmassage nicht fest genug zu drücken oder im Anschluss nicht genug zu entlasten. Viele Leute haben Sorge, dass sie der Person die Rippen brechen und sind zu zurückhaltend. Selbst in Lehrfilmen sehe ich immer wieder, dass nicht fest genug gedrückt wird.
Fünf bis sechs Zentimeter tief drücken, das ist schon sehr viel. Da brechen oft auch Rippen. Doch diese Brüche heilen wieder – es geht erst einmal darum, dass die Person überlebt. Wenn es Rippenbrüche gibt, weiß ich als Notfallmediziner in der Regel: Da ist jemand gut reanimiert worden.