LOVE – die Formel für gute Gespräche |
Isabel Weinert |
05.04.2024 15:00 Uhr |
Bei geglückter Begrüßung geht es weiter: Kunden zeigen je nach Typ wortlos oder wortreich, hektisch oder sehr langsam, freundlich oder griesgrämig den Ausdruck ihres E-Rezepts, die App oder die Gesundheitskarte vor oder kommen mit einem Wunsch für die Selbstmedikation. Hier kommt das »O« aus Love ins Spiel, die Offenheit, die man einem anderen Menschen entgegenbringt und zu der stets Wertschätzung und Respekt gehören.
Offenheit prägt stark den Verlauf von Kundengesprächen. Das beginnt mit der Körperhaltung – dem Kunden stets zugewandt – und dem Blickkontakt und geht weiter damit, sich wirklich auf diese Person einzulassen, auch wenn im eigenen Kopf Gedanken kreisen an Kinder, Einkauf, Verpflichtungen und Sorgen.
Die volle Aufmerksamkeit ist nötig, um dem Menschen in der Apotheke zuzuhören. Das zu beherrschen, ist nicht angeboren. Vielmehr lieben es Menschen von Natur aus in unterschiedlichen Ausprägungen, von sich selbst zu erzählen, die eigene Meinung kundzutun und das eigene Wissen loszuwerden. Die sozialen Medien verstärken diese Eigenschaft noch. Das schönste Bild, das coolste Reel, der besonders besondere Text – hier können Menschen glänzen und sich in sich selbst sonnen. Ein Grund, warum das Zuhören als wertvolle Gabe weiter ins Hintertreffen gerät.
Hinzu kommt, dass sich Menschen gegenüber denjenigen eher verschließen, die nicht in ihr soziales Schema passen, weil sie sie unbewusst in Schubladen einsortieren und sich ebenso unbewusst abgrenzen. Auch das verhindert oft, ernsthaft und aufmerksam zuzuhören. Zudem fällt es schwer, Menschen ausreden zu lassen, weil man meint zu erahnen, was sie sagen wollen. Das stimmt mitunter sogar, denn das Gehirn des Menschen denkt wesentlich schneller als das Gegenüber spricht und so bewertet, sortiert und fasst es schon einmal zusammen, auch wenn der andere seinen Satz noch gar nicht beendet hat. Doch oft irrt das Gehirn in seiner Einschätzung. Und dann bekommt der Kunde etwas untergeschoben, was er nie sagen wollte.
In der Apotheke zählt auch der Zeitdruck. Da steht ein Kunde hinter dem anderen, wie soll man da einem einzigen gut zuhören, ohne dass alle anderen ungeduldig werden? Zunächst indem man das Zuhören wieder übt, denn das vermeidet zeitfressende Missverständnisse.