LOVE – die Formel für gute Gespräche |
Isabel Weinert |
05.04.2024 15:00 Uhr |
Wichtig ist an dieser Stelle, Mitgefühl nicht mit Mitleid zu verwechseln. Gerade Menschen in helfenden Berufen neigen dazu, mit zu leiden und schaden damit sich selbst. Wo liegt der Unterschied? Mitgefühl meint, mitzuempfinden, ohne sich im Leid des anderen zu verlieren. Mitleid hingegen schwächt auch das eigene Selbst, sodass man sich im Kontakt mit dem Kranken hilflos fühlt. Es tut gut, sich das immer mal wieder in Erinnerung zu rufen.
Ob man es wahrhaben möchte oder nicht, eine liebevolle Grundhaltung, Offenheit und damit einhergehende Empathie braucht es auch gegenüber den klassischen schwierigen Kunden – wer kennt sie nicht? Um diesen schwierigen Charakteren gegenüber Haltung zu bewahren und sich nicht zu sehr aufzuregen, existiert ein körpereigenes, jederzeit abrufbares Beruhigungssystem: die Atmung. Tief in den Bauch einatmen und sehr langsam wieder aus, das beruhigt auf der Stelle und lässt sich meist unauffällig ausführen, wenn man etwa das Medikament holt oder dem Kunden aus einem anderen Grund kurz mal den Rücken zuwenden muss.
Dazu kommt Empathie plus innerer Abstand: »Der unverschämte Mensch ist bestimmt aus irgendeinem Grund so geworden, aber mit mir hat es nichts zu tun«. Dieser Gedankengang schafft Verständnis auf der einen und Abstand auf der anderen Seite. Die Kombi aus Atmung und Empathie trotz Antipathie kann helfen, mit den Querulanten unter den Kunden umzugehen, ohne hinterher noch sehr lange »Puls zu haben«.
Manchmal aber geht es nicht anders: Hat ein »besonderer« Kunde die Apotheke verlassen, muss es raus, die angestaute Wut oder auch das Lachen, das sich kaum noch zurückhalten ließ. Das ist mehr als menschlich. Reden oder lachen Sie aber nie über Kunden, wenn noch weitere in der Apotheke sind, und rechnen Sie immer damit, dass der Kunde urplötzlich wieder in der Apotheke stehen könnte, zum Beispiel, weil er etwas vergessen hat.
Lästern gehört zum Menschsein, es entlastet, aber der Zeitpunkt sollte stimmen und auf die Dosis kommt es an. Psychologen bezeichnen Lästern als »Psycho-Hygiene«, die ab und an guttut. Überhand sollte sie aber selbstverständlich nicht nehmen – weder gegenüber abwesenden Kunden noch gegenüber abwesenden Kolleginnen oder Kollegen. Immer wieder zu lästern, ist eine Form von Mobbing.