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Entwicklung von Antibiotika

Neue Targets, alte Resistenzprobleme

Während sich Resistenzen weltweit rasend schnell verbreiten, sind neue Antibiotika rar. Bei der Neuentwicklung gibt es viele Hürden – die finanziellen Risiken sind hoch, die Chancen gering.
Anna Carolin Antropov
13.08.2021  15:00 Uhr

Mangelnde finanzielle Anreize

Das birgt für die Industrie gleich mehrere Probleme, wie Holzgrabe schildert: »Die Entwicklung eines neuen Antibiotikums kostet etwa eine Milliarde Euro.« Demgegenüber steht ein äußerst magerer finanzieller Anreiz. Ohne Bescheinigung eines beträchtlichen Zusatznutzens droht sogar ein finanzielles Fiasko, denn dann wird der Arzneistoff in eine Festbetragsgruppe eingruppiert. Letzteres führte oft dazu, dass Wirkstoffe in Deutschland gar nicht auf den Markt kamen. Doch selbst mit einem sensationell wirksamen, neu entwickelten Mittel dürften nur sehr wenige Patienten behandelt werden, um eine zu schnelle Resistenzbildung zu verhindern. Eigentlich wolle Holzgrabe die Pharmafirmen nicht in Schutz nehmen. »Doch wenn es für den Notfall in der Schublade liegt, was soll die Industrie daran verdienen?« Firmen wie Bayer, Sanofi und Novartis haben die Antibiotika-Forschung längst aufgegeben.

Doch mangelnde finanzielle Anreize sind nicht das einzige Problem: »Die Zieltrukturen wurden bereits abgefrühstückt und es scheint sehr schwierig zu sein, neue Targets zu finden, die man inhibiert und damit neue Antibiotika entwickelt«, so die Expertin. Von den Neuzulassungen seit der Jahrtausendwende leitet sich der Großteil von bekannten Wirkstoffgruppen ab, beispielsweise von Tetracyclinen oder Gyrasehemmern. In der Pipeline sieht es ähnlich aus. »Das hat auch rein finanzielle Gründe. Denn die Entwicklung im bekannten Terrain ist billiger, deshalb bleiben viele lieber auf den ausgetretenen Wegen.« Zwar hätten bei Cephalosporinen alle Generationen ihren Platz auf dem Markt. Dies sei aber eine Ausnahme und würde bei den anderen Gruppen wie etwa den Gyrasehemmern selten funktionieren. Als Schritt- oder Scheininnovation bringen diese neuen Antibiotika allenfalls geringe Vorteile.

So auch der »neue« alte Wirkstoff Temocillin. Er wurde bereits Anfang der 1980er-Jahre entwickelt, jedoch erst im Jahr 2019 in Deutschland zugelassen. Wie die Namensendung -cillin verrät, zählt er zu den Betalactam-Antibiotika. Bakterien können sich gegen diese Wirkstoffe beispielsweise durch die Bildung von Betalactamasen wehren. Diese Enzyme führen zu einer Ringöffnung des Wirkstoffs und inaktivieren ihn so. Bei Temocillin wurde das Molekül so verändert, dass der Weg zur Sollbruchstelle versperrt ist. Zahlreiche Betalactamasen können hier nicht angreifen. Chemiker nennen dies »sterische Hinderung«. Dennoch hat der neue Wirkstoff einen großen Haken: Das Wirkspektrum ist sehr schmal, die Anwendungsfälle stark begrenzt. Auch die Pharmakokinetik bringt wenig Vorteile, und andere Resistenzwege bleiben möglich.

Mit einem ähnlichen Prinzip umgeht auch das 2006 eingeführte Tigecyclin Resistenzmechanismen. Viele Erreger werden resistent gegenüber Tetracyclinen, indem Effluxpumpen das Antibiotikum direkt wieder aus der Bakterienzelle hinausbefördern. Bei Tigecyclin wurde unter anderem eine Struktur am Molekül eingeführt, die aufgrund ihrer Größe genau das verhindert. So bleibt der Wirkstoff in der Zelle. Indem es dort die Proteinsynthese hemmt, kann Tigecyclin zahlreiche Keime effektiv abtöten. Tigecyclin zählt zur Wirkstoffklasse der Glycylcycline, die sich von den Tetracyclinen ableitet. Es ist also eines der wenigen Beispiele für eine bedeutsame Weiterentwicklung in den vergangenen Jahren.

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