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Entwicklung von Antibiotika

Neue Targets, alte Resistenzprobleme

Während sich Resistenzen weltweit rasend schnell verbreiten, sind neue Antibiotika rar. Bei der Neuentwicklung gibt es viele Hürden – die finanziellen Risiken sind hoch, die Chancen gering.
Anna Carolin Antropov
13.08.2021  15:00 Uhr

Trojaner für das Bakterium

Spannend ist auch Cefiderocol. Als erstes Siderophor-Cephalosporin kam damit 2020 ein Wirkstoff mit neuartigem Mechanismus auf den Markt. Denn Bakterien brauchen Eisen zum Überleben und haben ihr eigenes Transportsystem, um es aktiv einzuschleusen. Dieses besteht aus eisenbindenden Oligopeptiden, Siderophore genannt. Um in die Zelle zu gelangen, hängt sich Cefiderocol einfach an Eisen und versteckt sich wie ein trojanisches Pferd. Die gramnegativen Bakterien bitten also ihren eigenen Henker hinein.

Der Wirkstoff leitet sich von den Cephalosporinen ab und bietet strukturell alles, was für eine gute Wirksamkeit, Löslichkeit sowie Stabilität entscheidend ist. Er bekämpft auch Problemkeime wie resistenten P. aeruginosa und A. Baumanii, bei denen Colistin und Carbapenem versagen. Zumindest dachte man das: »Eine Acinetobacter-Resistenz gab es leider schon vor Einführung des Antibiotikums«, schildert Holzgrabe die frustrierende Entdeckung. Etwa die Hälfte der Acinetobacter-Stämme ist resistent gegenüber Cefiderocol, ohne es je gesehen zu haben. Dahinter stecke wohl eine Heteroresistenz. »Wir müssen uns daran gewöhnen, dass Bakterien cleverer sind als wir«, mahnt Holzgrabe.

Forschung mit Phagen

Obwohl laufende klinische Studien also im Moment wenig Hoffnung machen, widmen sich weltweit etwa 400 präklinische Projekte völlig neuen Ansätzen. Die Palette ist bunt und bietet mit Naturstoffen, Konzepten, die die Virulenz reduzieren, Wirkverstärkern wie Lactamasehemmern, Antikörper-Antibiotika-Konjugaten oder Phagen völlig neue Wirkmechanismen. Die Phagentherapie beispielsweise ist rund hundert Jahre alt. Sie basiert auf der Entdeckung, dass Bakteriophagen Viren sind und als Wirtszelle Bakterien nutzen. »Sie essen die Bakterien. So kam es auch zum Namen«, erklärt Holzgrabe. »Phagein« (griechisch) bedeute essen. »Doch sie binden spezifisch nur einen Bakterienstamm.« Diese Spezifität ist Fluch und Segen zugleich und erfordert für eine passende Therapie die exakte Kenntnis des Bakteriums. »Gleichzeitig ist die GMP-gerechte Herstellung alles andere als trivial.« Bis zur Marktreife könne es noch eine Zeit dauern.

An Ideen mangelt es folglich nicht – sondern an Geld. Meist sind es kleine und mittelständische Unternehmen, die an innovativen Wirkstoffen arbeiten und neue Targets adressieren. Gerade ihnen fehlen oft schlicht die finanziellen Mittel, um klinische Studien zu stemmen. Doch über 20 Pharmaunternehmen schlossen sich zusammen und gründeten den AMR Action Funds, um vielversprechende Ansätze mit gut einer Milliarde US-Dollar sowie Know-how zu unterstützen. Das ambitionierte Ziel: zwei bis vier Antibiotika bis zum Jahr 2030. Die Geldsumme klingt für Laien viel. Holzgrabe fürchtet allerdings, dass dies allenfalls für ein Mittel reiche.

So schlimm sie sei, habe auch die Pandemie etwas Tolles hervorgebracht, sagt Holzgrabe abschließend. »Wir haben einen mRNA-Impfstoff und damit eine Technologie, um relativ zügig Impfstoffe zu entwickeln.« Ihrer Meinung nach biete dies einen möglichen Ausweg aus der Antibiotika-Krise. Treten durch Impfungen wesentlich weniger Infektionskrankheiten auf, benötigen wir nur noch wenige Antibiotika, und damit spielen Resistenzen keine große Rolle mehr. »Daher bleibe ich optimistisch. Bisher ist uns noch immer etwas eingefallen.«

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