Neues im DAC/NRF-Werk |
Die Schalen von Madarinen können vielfältig genutzt werden. / © Copyright: DAC/NRF
Die DAC/NRF-Ergänzungslieferung 2024/2 lässt sich mit einem Tee und Mandarinen gut einsortieren. Um an die süße Frucht der Mandarine zu kommen, muss zunächst die Schale entfernt werden. Vielfach wird diese dann als Müll entsorgt. Dabei wird übersehen, dass die Schalen vielfältig genutzt werden können, zum Beispiel finden sie Anwendung in der Traditionellen Chinesischen Medizin oder in Form von Zesten und Dekoration in der Kulinarik. Auch in der Rezepturherstellung finden die Schalen Verwendung. Aus ihr wird mitsamt der Frucht das Mandarinenschalenöl gewonnen. Die Gewinnung des ätherischen Öls erfolgt durch Kaltpressung, denn Wasserdampfdestillation führt zu minderwertigen, terpentinartig riechenden Ölen. Abhängig vom Reifegrad der Mandarine entstehen verschiedenfarbige Öle, vom grünen und wertvollsten Öl aus unreifen Früchten über gelbes bis zum roten Öl aus den reifen Früchten. Alle drei Farben sind konform zur Ph.-Eur.-Monographie.
Vor der Verwendung in Rezeptur- oder Defekturarzneimitteln erfolgt die obligatorische Identitätsprüfung, sofern ein valides Analysenzertifikat vorliegt. Informationen zu den notwendigen Angaben im Zertifikat finden Sie kompakt zusammengefasst und überarbeitet im Kapitel »Eingangsprüfung der Ausgangsstoffe« der neuen 13. Auflage der Tabellen für die Rezeptur oder auf der DAC/NRF-Homepage unter dem Reiter »Prüfen«. Nach positiver Zertifikatskontrolle erfolgt die Identitätsprüfung mittels Dünnschichtchromatographie nach DAC-Probe 10 oder 11. Die Methoden sind Teil des umfassenden Überarbeitungsprogramms der Alternativen Identifizierung, die mit dem DAC/NRF 2024/1 begonnen hat.
Mit Hilfe der Dünnschichtchromatographie ist es möglich Mandarinenschalenöl von Bitter- und Süßorangenschalenöl zu unterscheiden, trotz der nahen Verwandtschaft der Stoffe beziehungsweise pflanzlichen Ausgangsdrogen. Ist die Identität erfolgreich festgestellt, kann das ätherische Öl zur Aromatisierung oder als sogenannter »Modifier« für andere Zitrusaromen eingesetzt werden.
Die Alternative Identifizierung nach DAC/NRF ist das wichtigste Instrument bei der Prüfung von Ausgangsstoffen in der Apotheke. Deshalb befindet sich dieses Kapitel in ständiger Überarbeitung. Handelt es sich um Ausgangsstoffe, die im DAC monographiert sind, wird die zweite Identifikationsreihe immer der dazugehörigen Alternativen Identifizierung angepasst. Bei Entwicklung der entsprechenden Prüfungen wird verstärkt darauf geachtet, dass diese apothekenpraktikabel sind. Die Aussagesicherheit wird durch zwei unabhängige Prüfungen gewährleistet, wobei es zusätzlich notwendig sein kann, ein Gegenion zu prüfen (zum Beispiel Chlorid, Sulfat, Bromid).
Die Dünnschichtchromatographie ist zur eindeutigen Identifizierung vieler Ausgangsstoffe nach wie vor unerlässlich. Neben der Dünnschichtchromatographie auf kleinen Platten (DAC-Probe 11) ist, wenn praktikabel, die horizontale Dünnschichtchromatographie mit HPTLC-Platten (DAC-Probe 10) angegeben. Laboruntersuchungen zeigen, dass in vielen Fällen die Methode nach DAC-Probe 11 auf die DAC-Probe 10 nach kleineren Anpassungen übertragen werden kann. Bekannte Ausnahmen sind Hyoscyaminsulfat und dessen Racemat Atropinsulfat, deren charakteristische Flecke nach dem Besprühen auf HPTLC-Platten nicht mehr zu erkennen sind.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der fortlaufenden Überarbeitung ist die Umsetzung der REACH-Verordnung, sodass potenziell gesundheitsschädliche oder arbeitsschutzgefährdende Stoffe durch bessere Alternativen ausgetauscht werden können.
In der DAC-Monographie »M-061 Manna« wurde bisher Bleitetraacetat R-DAC als Sprühreagenz verwendet, um bei der Reinheitsprüfung »Verwandte Zucker« diese sichtbar zu machen. Stattdessen wird Thymol in einer Mischung aus Ethanol 96 % und Schwefelsäure zum Ansprühen der Platte verwendet. Zusätzlich wurde die Laufstrecke von 15 cm auf 6 cm verringert, wodurch Zeit gespart werden kann.
Im Zuge der Monographieüberarbeitung werden die pharmakologischen Kommentare ebenfalls aktualisiert und erhalten eine übersichtlichere Struktur. Trotz einer gewissen Ähnlichkeit mit Fachinformationen, sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass der pharmakologische Kommentar nur zu Informationszwecken gedacht ist und keine vollständige Fach- oder Patienteninformation darstellt.
Bei den NRF-Stammzubereitungen sind die Thiomersal-Stammlösung 0,02 % (NRF S.4.), das Butylhydroxytoluol-Paraffinkonzentrat 2 % (NRF S.35.) und das Lipophile Tretinoin-Rezepturkonzentrat 2 % (NRF S.29.) aktualisiert worden. Da kein mikrofeines Tretinoin mehr verfügbar ist, erfolgt die Herstellung des Konzentrates wieder aus kristalliner Substanz. Für die Weiterverarbeitung in Rezepturarzneimitteln muss es fein zerkleinert vorliegen. Aus Arbeitsschutzgründen ist das Pulverisieren von Tretinoin in der rauen Reibschale nicht möglich.
Ausreichende Zerkleinerung wird durch Bearbeitung einer konzentrierten Tretinoin-Vaselin-Verreibung am Dreiwalzenstuhl sichergestellt. Diese wird anschließend weiter mit Grundlage zur Endkonzentration von 2 % verdünnt. Im DAC/NRF 2024/2 gibt es außerdem eine neue NRF-Stammzubereitung, nämlich das Lactose-Siliciumdioxid-Füllmittel (NRF S.59.). Lactose gehört neben Mannitol zu den häufig in der Kapselherstellung verwendeten Füllstoffen. Das neue Füllmittel ergänzt die bereits vorhandenen Stammzubereitungen mit Mannitol und Mikrokristalliner Cellulose.
In den Arzneitees, NRF 4.10., 6.4., 6.9., 6.11., 6.12., 9.1. und 17.2., war der pharmakologische Kommentar noch auf die alten Aufbereitungsmonographien der Kommission E bezogen. Für die Überarbeitung wurden daher die Monographien des Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC) der EMA herangezogen. Dadurch ändern sich die Angaben in den Abschnitten »Wirkung und Indikation« und »Unerwünschte Wirkungen und Anwendungsbeschränkungen«.
Seit April 2024 fallen Cannabis und Dronabinol nicht mehr unter das Betäubungsmittelrecht. Alle betreffenden NRF-Rezepturvorschriften wurden dahingehend überarbeitet. In der NRF 22.7. wurde außerdem die Kolbenhubpipette als Hilfsmittel zur Befüllung der Kapseln unter »Alternative Herstellung« ergänzt und die Masse des Kapselinhaltes an die genau errechneten Werte aus der Rechenhilfe angepasst.
Streichung von Vorschriften
Gestrichen wurde die Vorschrift NRF 11.139. wegen des nicht mehr erhältlichen Selendisulfids. 2010 war das Selendisulfid-Waschgel 2,5 % als Ersatz für ein nicht mehr verfügbares halbfestes Fertigpräparat mit den Anwendungsgebieten Pityriasis simplex capitis, Pityriasis versicolor und zur unterstützenden Behandlung der Psoriasis capitis aufgenommen worden. Selendisulfid-haltige Fertigarzneimittel sind inzwischen gar nicht mehr im Handel, auch keine flüssigen Suspensionen.
Die DAC-Monographie Grüne Mateblätter wurde aus dem Werk gestrichen, denn sie entspricht der Monographie Mateblätter des Europäischen Arzneibuchs. Konsequenterweise wurden die Titel der Alternativen Identifizierung und des Farbteil in Mateblätter umbenannt. Die ähnlich lautende Monographie Geröstete Mateblätter und dazugehörige Texte entfallen mangels Relevanz vollständig. Alle weiteren Neuaufnahmen, Änderungen und Streichungen sind der »Übersicht Aktualisierung« auf der Startseite der elektronischen Fassung des DAC/NRF-Werkes zu entnehmen.