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Perspektiven für die Psyche in Pandemiezeiten

Deutschlands Psychotherapeuten fordern von Seiten der Politik einen stärkeren Schutz der Menschen vor psychischen Belastungen durch die Corona-Pandemie. »Neben Ängsten und Depressionen nehmen auch Anspannung und Aggression zu, oft zeigen sie sich, oft werden sie verdrängt«, sagte der Präsident der Psychotherapeutenkammer, Dietrich Munz, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
dpa
12.04.2021  10:00 Uhr

»Wenn nun aber der Lockdown trotzdem verlängert und verschärft werden muss, wäre es wichtig, dass nicht nur wirtschaftliche Entschädigung fließt«, so Munz, der auch Präsident der Landespsychotherapeutenkammer Baden-Württemberg ist. Die Perspektive eines Impfangebots für alle und eines Endes der Einschränkungen sei für die seelische Widerstandsfähigkeit zentral.

»Wir brauchen ein erreichbares Ziel«, sagte Munz. Die dritte Welle mit der britischen Mutante und einem schärferen Lockdown schiebe sich aber wie ein großer Schatten vor die Perspektive. »Die Selbstheilungskräfte scheinen bei vielen allmählich erschöpft zu sein.« Laut des im März veröffentlichten »Deutschland Barometer Depression« empfanden fast drei Viertel (71 Prozent) der Bundesbürger die Situation im zweiten Lockdown als bedrückend.

Aggressives Verhalten

Andauernder Lockdown begünstigt nach Ansicht des Kammerpräsidenten aggressiveres Verhalten – doch man könne etwas dagegen machen. »Stress bringt immer eine Zunahme von Aggressionspotenzial mit sich.« Unkontrollierbare Angst bedeute Stress. »Angst bewirkt innere Aktivierung für unsere zwei typischen Reaktionen: Fliehen oder Dagegenhalten«, sagte der Psychologe und Therapeut. Aktiv zu werden sei kaum möglich – in der Pandemie würden die Menschen zur Passivität verurteilt.

»Deshalb führt die Aktivierung durch Angst bei vielen zur Aggressivität – gegenüber Mitmenschen, bei manchen auch gegenüber der Politik oder sogar der Wissenschaft, die uns das vermeintlich alles eingebrockt hat«, sagte er. Laut »Depressions-Barometer« halten 46 Prozent der Bundesbürger Mitmenschen für rücksichtsloser als im Lockdown Anfang 2020. Munz betonte, Stress und Aggression könnten durch Bewegung abgebaut werden. »Die Menschen sollten im Lockdown Sport machen, zügig gehen, walken, joggen, Rad fahren oder auch Fitness mit digitalen Angeboten – wie es ihnen am ehesten liegt.«

Alleinsein und Enge

Einsamkeit – ein verstärktes Problem sei dies jetzt bei Singles. Viele Menschen, die akut belastet seien, entwickelten dadurch aber noch keine psychische Erkrankung. »Ihnen wäre mit niedrigschwelligen Hilfsangebote gedient«, sagte Munz. »Doch gerade diese fallen häufig weg, denn das sind meist Gruppenangebote, Kontaktvermittlung, Treffpunkte, gemeinsame Aktivitäten.«

Aber nicht nur Rückzug und Alleinsein sind ein Problem. »Bei vielen Paaren und Familien erzeugt die Enge oft Stress«, sagte Munz. »Unter normalen Umständen pendeln wir zwischen Nähe und Distanz.« Es gebe viele Hinweise über mehr Gewalt und sexuelle Übergriffe in Familien schon im ersten Lockdown. Wenn alle immer zuhause sind, gebe es für Betroffene wenig unkontrollierte Zeiten, etwa um ein Frauenhaus anzurufen. »Stärkere Aufklärung zur Vermeidung von psychischer Anspannung und aggressiven Auseinandersetzungen wäre wichtig.«

Vor allem viele Kinder und Jugendliche litten unter dem Lockdown. Sie müssten für ihre Entwicklung eigentlich Alltag mit Gleichaltrigen teilen können. Logopädinnen und Logopäden berichteten bereits von vermehrten Störungen bei der Sprachentwicklung. »Wenn Kindergärten und Schulen erstmal nicht in Präsenz weitermachen können, muss mehr gegen entstandene Entwicklungsdefizite getan werden.« Kinder aus sozial benachteiligten Familien seien stärker betroffen.

Psychotherapieplätze begrenzt

»Wenn die Pandemie abklingt, dürften die psychischen Erkrankungen spürbar zunehmen«, sagte Munz. Schon heute stellten mehr Patienten Anfragen an Therapeuten als noch vor einem Jahr. Sie könnten über die Terminhotline der Ärzte zwar meist problemlos eine Sprechstunde bei einem Therapeuten ausmachen. Doch werde Behandlungsbedarf festgestellt, warteten rund 40 Prozent der Patientinnen und Patienten mindestens drei bis neun Monate auf den Beginn einer Behandlung.

»Wir haben einfach zu wenig Behandlungsplätze«, sagte Munz. 2018 habe ein offizielles Gutachten eine Lücke von 2400 Stellen festgestellt, 800 mehr seien es geworden. Um das Angebot an Psychotherapie rasch zu vergrößern, sollten auch Privatpraxen bis Ende des Jahres Menschen mit Beschwerden auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen versorgen können. Langfristig müssten mehr Praxen zugelassen werden.

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