Riechstörungen behandeln |
Verena Schmidt |
09.12.2022 15:00 Uhr |
Riechstörungen – der Fachbegriff lautet Dysosmien – können unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Der Geruchssinn kann vermindert (Hyposmie) oder vollständig ausgeschaltet sein (Anosmie). Auch eine gesteigerte starke Wahrnehmung bestimmter Geruchsreize (Hyperosmie) ist möglich. Sie kommt beispielsweise in der Schwangerschaft, aber auch im Rahmen von Erkrankungen wie Epilepsie oder bei Psychosen vor.
Wie viele Menschen mit länger anhaltenden Riechstörungen leben, ist unklar. Laut dem Deutschen Berufsverband der Hals-Nasen-Ohren-Ärzte sind Schätzungen zufolge 5 Prozent der Bundesbürger von einer Anosmie betroffen, von einer Hyposmie mit leichten oder mittleren Beeinträchtigungen geschätzt 20 Prozent. Je älter, desto häufiger ist der Geruchsverlust: Bei den über 80-Jährigen kann rund die Hälfte gar nichts mehr riechen.
Die Ursachen von Riechstörungen sind vielfältig. »Besonders häufig kommen sogenannte sinunasale Riechstörungen vor«, berichtet Dr. Michael Deeg, Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, im Gespräch mit PTA-Forum. Sie machen rund 70 Prozent aller Riechstörungen aus. Hier wird die eingeatmete Luft auf ihrem Weg zur Riechschleimhaut behindert, es kann keine Geruchswahrnehmung ausgelöst werden. »Viele kennen das Gefühl von Infekten: Die Nase ist zu. Dahinter stecken oft entzündliche Prozesse in der Nase oder den Nasennebenhöhlen«, so Deeg, der auch Pressesprecher des Deutschen Berufsverbands der HNO-Ärzte ist. Aber auch Polypen, gutartige Gewebewucherungen der Nasenschleimhaut, oder Verkrümmungen der Nasenscheidewand können die Nasenatmung und damit die Geruchswahrnehmung behindern.
So funktioniert das Riechen: An beiden Seiten der Nasenscheidewand im oberen Teil der Nasenhöhle liegen die circa 4 cm² großen Riechschleimhäute mit mehreren Millionen hochempfindlichen Riechsinneszellen. Diese nehmen das chemische Signal (Duftstoff) auf und wandeln es in ein elektrisches Signal um. Die feinen Fasern (Riechfäden) des Riechnervs (Nervus olfactorius) leiten diese elektrischen Signale zum Gehirn weiter. Dort nimmt der Riechkolben (Bulbus olfactorius) sie auf und sendet die Informationen zu verschiedenen Regionen des olfaktorischen Cortex im Gehirn. Dort entsteht dann die Geruchswahrnehmung. / Foto: Stephan Spitzer
»Gar nicht selten kommt es auch zu Beeinträchtigungen des Riechvermögens durch Unfälle«, erläutert Deeg. Er schildert eine typische Situation: Der Patient ist von der Leiter gefallen und auf dem Hinterkopf aufgeschlagen. Nach ein paar Tagen kommt er in die HNO-Praxis, da er plötzlich nichts mehr riechen kann. Durch den Sturz sei der Schädel abgebremst worden und dabei seien die kleinen Riechfäden – dünne, kurze Riechnervenfasern in der Schädelbasis – abgerissen, erläutert der HNO-Arzt. Der Verlust des Geruchssinns sei in solchen Fällen meist eine dauerhafte Problematik, nur bei wenigen Betroffenen bildeten sich Riechstörungen infolge von Schädel-Hirn-Traumen wieder zurück.
Zudem können auch Gift- und Schadstoffe wie etwa Kohlenmonoxid, Pestizide und Kokain sowie Bestrahlung und Chemotherapie im Rahmen einer Krebsbehandlung das Riechvermögen beeinflussen. »Gerade bei älteren Patienten ist zu bedenken, dass die Riechstörung auf eine Grunderkrankung hindeuten kann«, macht Deeg deutlich. Ein nachlassender Geruchssinn kann ein frühes Symptom einer neuronalen Erkrankung wie eine Alzheimer-Demenz, Morbus Parkinson oder Multiple Sklerose sein, da hier für das Riechen wichtige zentrale Strukturen wie der Riechkolben oder der zentrale olfaktorische Cortex funktionell geschädigt werden. Bei Parkinson-Patienten beispielsweise zeigt sich bereits etwa sechs Jahre vor den ersten motorischen Symptomen eine Verschlechterung des Riechvermögens.
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.