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Nasennebenhöhlen

Sinusitis leitliniengerecht behandeln

Wenn die Nasennebenhöhlen dicht machen, geht nichts mehr. Die Schleimhäute sind geschwollen, das Sekret stockt, das Atmen fällt schwer. Drückender Schmerz über den Augen oder in der Wangenpartie, besonders beim Bücken, deutet auf eine Entzündung der Nasennebenhöhlen hin. Die Leitlinie empfiehlt eine symptomatische Therapie.
Elke Wolf
28.01.2020  16:00 Uhr

Prinzipiell unterscheidet die Medizin zwischen akuter und chronischer Nasennebenhöhlenentzündung, korrekt als Rhinosinusitis bezeichnet. Eine akute Entzündung entsteht meist aus einem Schnupfen, wenn durch die Schwellung der Schleimhäute der Sekretabfluss aus den Nebenhöhlen behindert ist. Wenn die Beschwerden über Monate bestehen, gehen sie in ein chronisches Stadium über.

Die aktuelle Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde wird zahlenmäßig konkreter und unterscheidet zwischen akuter, rezidivierender akuter und chronischer Erkrankung. Eine akute Rhinosinusitis liegt vor, wenn die typischen Beschwerden einer Schleimhautentzündung im Bereich von Nase und Nebenhöhlen über einen Zeitraum von bis zu zwölf Wochen bestehen. Bei rezidivierender Rhinosinusitis kommt es wiederholt – und zwar mindestens viermal im Jahr – zu akuten Episoden, wobei die Beschwerden in der Zwischenzeit völlig abklingen. Bei der chronischen Rhinosinusitis dagegen dauern die Beschwerden definitionsgemäß länger als zwölf Wochen an, wobei jahrelange Verläufe keine Seltenheit sind.

Die überwiegende Mehrzahl der akuten Nebenhöhlenentzündungen ist viral bedingt, sodass eine Antibiotikabehandlung in den meisten Fällen nicht indiziert ist. Der virale Ursprung ist der Grund, warum sich sowohl die nationale Leitlinie als auch das europäische Positionspapier (EPOS) zu Rhinosinusitis und Nasenpolypen gegen den Einsatz von Antibiotika bei akuten unkomplizierten Verläufen ausspricht. Zwar verringerten Antibiotika tendenziell die Krankheitsintensität und -dauer, aber der Vorteil bei unkomplizierten Verläufen sei verschwindend gering. Die Rate an Komplikationen werde nicht signifikant verringert.

Die akute Rhinosinusitis hat eine gute Heilungstendenz. Das sieht auch die vor zwei Jahren aktualisierte nationale Leitlinie so. Sie spricht von 60 bis 80 Prozent der akuten Verläufe, die ohne Therapie innerhalb von zwei Wochen vollständig ausheilen; nach vier Wochen sind 90 Prozent der Patienten beschwerdefrei. Dennoch ist es sinnvoll, das ins Stocken geratene Sekret zum Laufen zu bringen und für eine ausreichende Drainage und Belüftung der Nasennebenhöhlen zu sorgen, um Komplikationen zu verhindern, begründen die Leitlinien-Experten ihre empfohlene symptomatische Therapie.

Mehr Luft für die Nase

Für die Verbesserung der Nasenatmung und damit des Sekretabflusses bekommen abschwellend wirkende α-Sympathomimetika wie Xylometazolin (wie in Olynth®, Otriven®), Oxymetazolin (wie Nasivin®, Wick sinex®) und Tramazolin (wie Rhinospray®) in Tropfen- und Sprayform von den Leitlinienautoren eine deutliche Empfehlung. Allerdings sollten sie wegen der Gefahr eines Rebound-Effekts und der Gefahr einer Rhinitis medikamentosa laut Leitlinie nicht länger als zehn Tage eingesetzt werden und sollten frei von Benzalkoniumchlorid sein, darauf legen die Leitlinienexperten großen Wert (zum Beispiel Hysan® Schnupfenspray, Nasic® O. K., Nasivin® ohne Konservierungsstoffe).

Neben den lokalen stehen grundsätzlich auch systemische Arzneizubereitungen zur Verfügung, die das Dekongestivum mit analgetisch/antipyretisch wirkenden Arzneistoffen kombinieren (wie Boxagrippal®, Geloprosed®, Doppelherz Grippal Complex, Wick® DuoGrippal). Im Gegensatz zum europäischen Positionspapier hat die nationale Leitlinie die orale Applikation bislang immer zurückhaltend gesehen.

Das sieht seit der aktualisierten Version ganz anders aus; darin bewerten die Studienautoren die nasale Applikation gleichwertig zu den oral applizierten, systemisch wirkenden Dekongestiva wie Pseudoephedrin, Ephedrin und Phenylephrin. Laut eines Cochrane-Reviews gebe es keine Unterschiede im Sicherheitsprofil, und zudem fanden sich für die systemische Gabe mehr belastbare Daten. Vorteil der systemischen Gabe scheint zu sein, dass durch die Wirksamkeit auf die Ostien, also die Gänge zu den Nebenhöhlen, eine Belüftung der betroffenen Stirn- und Nasennebenhöhlen gewährleistet wird. So lasse sich Komplikationen vorbeugen.

Zudem ist die Zusammenstellung der enthaltenden Arzneistoffe insofern sinnvoll, als dass bei einer akuten Nebenhöhlenentzündung ein verstopfter Nasenbereich oft von Kopfschmerz und Druckgefühl begleitet wird. Für die Gabe von Analgetika/Antiphlogistika gibt es in der Leitlinie einen starken Konsens. Allerdings wird ihre Maßnahme nur bei bestehenden Schmerzen und nicht als abschwellende Maßnahme empfohlen

Reinemachen mit Phytos

Ein probates Mittel, um die Drainage in der Nasenhaupt- und in der Folge auch der Nebenhöhlen zu verbessern, sind nachweislich sekretolytisch wirkende pflanzliche Arzneimittel. Produkt- beziehungsweise Extrakt-/Destillat-spezifische Daten aus doppelblinden placebokontrollierten Studien zeigen eine signifikante Überlegenheit gegenüber Placebo. Die gesteigerte Sekretolyse und die antientzündlichen Effekte der Inhaltsstoffe lassen Beschwerden schneller und effektiver abklingen. Für das Symptom Druckkopfschmerz liefern die Präparate einen Genesungsvorsprung von zwei Tagen.

Das können leitliniengemäß eine standardisierte 5er-Fixkombination aus Primelblüten, Enzian-, Ampfer- und Eisenkraut sowie Holunderblüten (Sinupret® extract) sowie »definierte Eukalyptusextrakte«. Vermutlich verstehen die Leitlinienautoren darunter das Mischspezialdestillat auf Basis rektifizierter Eukalyptus-, Süßorangen-, Myrten- und Zitronenöle (Spezialdestillat ELOM-080, früher Myrtol®) und 1,8-Cineol (Sinolpan® forte, Soledum®). Allerdings sind Präparate mit 1,8-Cineol als isolierte Substanz des Eukalyptusöls keine Phytopharmaka. Diese sind definitionsgemäß Vielstoffgemische.

Für andere Phytopharmaka wie etwa Pelargonium-haltige Extrakte sieht die Evidenzlage laut Leitlinie bislang weniger gut aus. Zu Echinacea-haltigen Extrakten liegen keine relevanten Studien vor. Darüber hinaus wird auch darauf hingewiesen, dass der Zusatz ätherischer Öle bei der Inhalation »entgegen dem subjektiven Eindruck keine nachgewiesenen klinischen Effekte« besitzt.

Als zusätzliche Maßnahme zur Standardtherapie sprechen sich die Leitlinienautoren für Spülungen mit iso- oder hyperosmolaren Salzlösungen aus (wie mit Emser Sinusitis Spray, Bepanthen® Meerwasser Nasenspray, Olynth® Ectomed, Rhinomer® plus). Vorliegende Studien deuten auf eine vorhandene, wenn auch begrenzte Wirksamkeit und einen präventiven Effekt bei Infektneigung hin. Darüber hinaus könnten salinische Nasentropfen die Anwendungshäufigkeit von Dekongestiva deutlich reduzieren.

Iso- und mehr noch hyperosmolare Salzlösungen vermögen durch osmotische Effekte den Flüssigkeitsausstrom zu erhöhen. Die Becherzellen bilden mehr Sekret. Eine vermehrte Rhinorrhoe schwemmt die Viren und möglicherweise andere pathologische Keime aus.

Die chemisch definierten Sekretolytika Acetylcystein und Ambroxol werden zwar häufig unterstützend bei der akuten Nasennebenhöhlenentzündung eingesetzt, jedoch liegt für deren Nutzen keine Evidenz vor. Sie haben für diese Indikation auch keine Zulassung.

Steroide für die Nase

Die nasale Anwendung von Corticoiden ist laut Leitlinie nur bei einer allergischen Komponente im Entzündungsgeschehen sinnvoll, dann allerdings sowohl bei der akuten als auch bei der rezidivierenden akuten Rhinosinusitis. Die für die Selbstmedikation verfügbaren topischen Steroide Beclometason, Fluticason oder Mometason (Mometahexal®, Momeallerg®, Otri Allergie® Nasenspray Fluticason, Ratioallerg® Heuschnupfenspray) verfügen derzeit jedoch nur über eine Zulassung für die Indikation der allergischen Rhinitis. Allerdings wirken sie ebenso der Entzündung der Nasenschleimhaut bei einer viral bedingten Rhinosinusitis entgegen.

Weil Corticoid-Sprays einen um Tage verzögerten Wirkeintritt haben, werden sie in der Praxis häufig in Kombination mit abschwellend wirkenden Dekongestiva verordnet. So hat der Patient das Gefühl, schnell wieder Luft zu bekommen und überbrückt die Zeit bis zum Wirkungseintritt der Steroide.

Airbags im Schädel

Die Bezeichnung Nasennebenhöhlen ist ein Sammelbegriff und steht für die luftgefüllten Hohlräume der Nasenhaupthöhle im knöchernen Schädel. Dazu zählen Kieferhöhlen, Stirnhöhlen und Keilbeinhöhlen sowie die Siebbeinzellen zwischen den Augenhöhlen (siehe Grafik).

Die charakteristische Schleimhaut dieser Hohlräume ist mit winzigen Flimmerhärchen besetzt. Diese befördern das schleimige Sekret, welches zur Selbstreinigung von der Schleimhaut produziert wird, in Richtung Rachen. Krankheitserreger, Pollen oder sonstige Schadstoffe werden so aus der Nase Richtung Magen transportiert und dort unschädlich gemacht. Da die Schleimhaut wenig durchblutet ist und die Nebenhöhlen nur enge Zugänge haben, kann es schnell zu Sekretansammlungen in diesen Hohlräumen kommen.

Um die Funktion der Nasennebenhöhlen wurde viel spekuliert, und ganz klar ist sie bis heute nicht. Eine Theorie besteht eher darin, dass die Nebenhöhlen als Knautschzone im Schädelskelett fungieren, indem sie bei Gewalteinwirkung auf das Gesicht die Aufprallenergie teilweise abfedern. Dadurch werden Schäden an empfindlichen Weichteilen, wie den Augen und dem Gehirn, verringert.

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