Vor Reisen an diese Impfungen denken |
Umso unverständlicher ist für den renommierten Reisemediziner die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO), die seit rund zwei Jahren verfügbare tetravalente abgeschwächte Lebendvakzine Qdenga® nicht als generelle Dengue-Prävention einzusetzen und ihre Verwendung nur auf Personen zu reduzieren, die bereits infiziert waren. »Die eingeschränkte STIKO-Empfehlung behindert die Prophylaxe. Denn eine gebremste Umsetzung der jetzt verfügbaren Möglichkeiten zur Prävention setzt Betroffene einem unnötigen Risiko durch die Infektion aus. Mit anderen Worten: Die derzeitige STIKO-Empfehlung provoziert Infektionen. Sie ist inhaltlich nicht gerechtfertigt und entspricht auch nicht der Zulassung.«
Zwar sei auch Qdenga kein idealer Impfstoff, jedoch biete er eine deutliche Protektion gegen ein in vielen Ländern häufiges Virus, das schwere Krankheitsmanifestationen und in seltenen Fällen auch tödliche Komplikationen verursachen kann. Und: »Die Impfung bietet deutlich besseren Schutz als die reine Expositionsprophylaxe, die die einzige Alternative darstellt.« Das seit 2018 verfügbare Dengvaxia® ist dagegen nur für Menschen zugelassen, die bereits eine Dengue-Infektion durchgemacht haben und in einem Endemiegebiet leben. Für Reisende aus Deutschland steht diese Vakzine außerhalb der Verbreitungsgebiete also nicht zur Verfügung.
Die STIKO-Empfehlung zu Qdenga basiere auf den Bedenken, die sich durch die Verwendung von Dengvaxia entwickelt hätten, informierte der wissenschaftliche Leiter des CRM. Auch nicht ausreichende Daten zur Wirksamkeit von Qdenga bemängelte die STIKO. Stichwort: Verstärkung der Effekte der Wildinfektion durch die bereits aufgrund der Impfung vorliegenden Antikörper. »Der neue Impfstoff Qdenga hat dieses Problem aber nicht. Bis jetzt gibt es nach rund sieben Jahren Nachbeobachtung der initialen Studienkohorte keine Infektionsverstärkung oder sonstiges Sicherheitssignal. Insofern ist es für mich nicht ersichtlich, warum man Reisenden in Endemiegebiete Qdenga vorenthalten sollte.« Im Gegensatz zur STIKO empfehlen etwa die Fachgesellschaft Reisemedizin und mit Einschränkungen auch die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit diese Reiseimpfung, basierend auf der Zulassung ab dem vierten Lebensjahr.
Die meisten Dengue-Infektionen – es gibt vier verschiedene Virus-Serotypen; die Infektion mit einem Serotyp schützt nicht vor den anderen drei – verlaufen asymptomatisch. Sie können aber auch zu einer grippeähnlichen Erkrankung führen, die nach einer Inkubationszeit von wenigen Tagen plötzlich einsetzt, meist mit hohem Fieber, Kopfschmerzen, Schüttelfrost und heftigen Knochen- und Gelenkschmerzen.
Eine zweite Infektion kann hingegen äußerst heimtückisch verlaufen: Wenn es nämlich zum Immunphänomen kommt, dass die Antikörper, die nach der ersten Infektion gebildet wurden, paradoxerweise dem neuerlichen Virus den Eintritt in die Wirtszellen erleichtern – was einen Zytokinsturm und in der Folge einen hämorrhagischen Verlauf wahrscheinlich macht. Die Mortalität bei schweren Verläufen liegt bei 1 bis 5 Prozent.
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Nach der Rückkehr noch für mindestens zwei Wochen konsequenten Mückenschutz mit Repellentien betreiben: So könne jeder Einzelne dazu beitragen, die Verbreitung von Dengue- oder Chikungunya-Viren hierzulande möglichst zu verhindern, appellieren Reise- und Tropenmediziner an den Präventionswillen von Urlaubern. Dieser Rat geht an alle, die im Sommer aus einem Endemiegebiet zurückkehren oder hierzulande in einer Region leben, in der Tigermücken verbreitet sind. Das sind etwa die Region Oberrhein und der Süden Bayerns; auch in Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Thüringen und Berlin wurden schon Tigermücken nachgewiesen.
So verhindere man, dass die Infektionen autochthon übertragen werden. Denn dazu müssen die Mücken die Viren von einer in der Region lebenden, infizierten Person erworben haben.
Ist die zweiwöchige konsequente Verwendung von Mückenschutz nach dem Urlaub realistisch? Das sieht Jelinek skeptisch: »In der Theorie ist dieses Vorgehen gar nicht so schlecht. Das Problem ist, dass die meisten dieser Infektionen asymptomatisch verlaufen – was ja eigentlich positiv ist. Die Viruslast im Blut reicht aber trotzdem aus, dass sich Mücken damit infizieren und das Virus unbemerkt in neue Regionen tragen können. Aber zu erwarten, dass Reiserückkehrer intensiv Repellents verwenden, um die Mücken vor sich zu schützen, ist eher unrealistisch.«