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Exposom im Fokus

Was der Faktor »Umgebung« mit dem Altern zu tun hat

Der Alterungsprozess kann individuell beschleunigt oder verzögert werden. Dies ist von vielen Faktoren abhängig, von denen etliche direkt beeinflusst werden können. Es gibt allerdings auch Faktoren, die individuell schwer zu beeinflussen sich. Zu diesen zählt auch das Exposom, das heißt Einflussfaktoren, denen ein Mensch im Laufe seines Lebens ausgesetzt ist. Erst seit kurzer Zeit wird diesem Faktor verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt.
PZ
18.07.2025  12:00 Uhr

Der Mensch kann sehr viel dafür tun, auch in späten Lebensjahren gesund und vital zu bleiben. Wie und was man isst, wie man sich bewegt, schläft und das Gehirn trainiert, hat erheblich größeren Einfluss auf eine gesunde Lebenszeit als gedacht. All diese Faktoren kann der Mensch mehr oder weniger gut beeinflussen. Somit können Schutz- und Risikofaktoren eine gesunde oder beschleunigte Alterung begünstigen, wobei unterschiedliche Umgebungen die Auswirkungen modulieren. Diese Umgebungsfaktoren bezeichnet man als »Exposom«, worunter man eine Kombination aus physischen und sozialen Belastungen versteht, denen ein Mensch im Laufe seines Lebens ausgesetzt ist.

Die Bedeutung des Exposoms ist noch weitgehend unerforscht. Aber Studien zeigen den teils erheblichen Einfluss auf ganz unterschiedliche Gesundheitsparameter, die sich auch auf ein gesundes Altern auswirken können.

In einer groß angelegten, multiregionalen Studie mit 161.981 gesunden Teilnehmern aus 40 Ländern analysierte jetzt ein Team um Professor Dr. Hernan Hernandez vom Latin American Brain Health Institute (BrainLat) an der Universidad Adolfo Ibañez, Santiago de Chile, Chile, die Determinanten gesunder und beschleunigter Alterungsprozesse anhand des Exposoms. Dabei wurde das Konzept des »Biobehavioral Age Gap (BBAG)« eingeführt, das die Differenz zwischen dem anhand von Schutz- und Risikofaktoren geschätzten Alter und dem chronologischen Alter beschreibt. Positive BBAG stehen für eine beschleunigte, negative für eine verzögerte Alterung. Ihre Ergebnisse publizierten die Forschenden im Fachblatt »Nature Medicine«.

Die Studie kombiniert Querschnitt- und Längsschnittanalysen und berücksichtigt sowohl individuelle Faktoren wie kognitive Leistungsfähigkeit und Erkrankungen als auch makrostrukturelle Einflussgrößen wie Luftqualität, politische Repräsentation oder Geschlechtergleichheit.

Die Forschenden nutzten harmonisierte Datensätze aus nationalen Alterungsstudien auf vier Kontinenten (Europa, Asien, Lateinamerika, Afrika). Als Prädiktoren dienten funktionelle Fähigkeiten, Bildungsstand und kognitive Leistungen, die als Schutzfaktoren angesehen werden, sowie Hör-/Sehbeeinträchtigungen, kardiovaskuläre Erkrankungen, Übergewicht und Schlafstörungen, die Risikofaktoren repräsentieren. Die Genauigkeit des Modells bezeichnen die Forschenden als hoch. Der mittlere quadratische Fehler (RMSE), das heißt die Differenz zwischen den vom Modell vorhergesagten Werten und den in den Daten tatsächlich beobachteten Werten, errechnete sich mit 5,44 Jahren.

Ergänzend integrierten die Forschenden makrostrukturelle exposomale Faktoren aus globalen Datenbanken, darunter den Grad der Luftverschmutzung, den Index der geschlechtsspezifischen Ungleichheit (Gender Inequality Index), den Gini-Index, der als statistisches Maß für die Ungleichverteilungen in einer Gruppe gilt, sowie Indikatoren für demokratische Strukturen. Diese wurden normalisiert und in lineare Regressionsanalysen mit BBAG als Zielvariablen eingespeist. 

Bildung als einer der Hauptschutzfaktoren gegen beschleunigtes Altern

Die Daten zeigten, dass funktionale Fähigkeiten, Bildung und Kognition als die stärksten Schutzfaktoren gegen beschleunigte Alterung zu bewerten sind. Hör- und Sehbeeinträchtigungen, Hypertonie und Herzkrankheiten zeigten hingegen die höchsten Risikowerte.

Nicht überraschend detektierten die Forschenden ausgeprägte globale Disparitäten. Europa zeigte im Durchschnitt die niedrigsten BBAG (gesündeste Alterung), während Ägypten und Südafrika die höchsten BBAG (beschleunigte Alterung) aufwiesen. Eine beschleunigte Alterung korrelierte stark mit niedrigerem nationalem Einkommen und ungleichen regionalen Strukturen.

Alle drei Exposom-Kategorien – physische, soziale, soziopolitische – zeigten signifikante Assoziationen mit BBAG. Am stärksten wirkte eine strukturelle Ungleichheit, gefolgt von Luftqualität, Migration und fehlender politischer Repräsentation.

In Longitudinalanalysen ließen sich größere BBAG für einen funktionellen Abbau und kognitiven Abfall aus älteren Analysen in späteren Analysen bestätigten – ein Hinweis auf die Robustheit und die prognostische Relevanz des BBAG-Konzepts, kognitive, funktionelle und psychosoziale Verschlechterungen vorherzusagen.

Personen, bei denen ein beschleunigter Alterungsprozess diagnostiziert wurde, hatten im Schnitt ein etwa achtfach erhöhtes Risiko für reduzierte funktionelle Fähigkeiten und ein etwa vierfach erhöhtes Risiko für kognitive Beeinträchtigungen. Diese Ergebnisse wurden durch Meta-Analysen auf Länder- und Einkommensebene bestätigt.

Befunde belegen den starken Einfuss des Exposoms auf den Alterungsprozess

Die Ergebnisse deuten auf eine starke biologische Einbettung struktureller, oft nicht veränderbarer Exposome wie politische Instabilität und Umweltverschmutzung hin, die über chronischen Stress, Allostase-Mechanismen, das heißt die Anpassung des Körpers an Stresssituationen durch physiologische und psychologische Veränderungen, und sozial vermittelte Resilienzdefizite den biologischen Alterungsprozess beschleunigen können.

Besonders betroffene Regionen (zum Beispiel Afrika und Länder Lateinamerikas und der Karibik) weisen gleichzeitig hohe Belastungen durch kardio-metabolische Erkrankungen, sensorische Defizite und soziale Ungleichheit auf, was ein sich gegenseitig verstärkendes Risikomilieu etabliert.

Die Autoren heben hervor, dass BBAG ein zugängliches, kostengünstiges Maß zur Erfassung dieser Prozesse bietet, das insbesondere für epidemiologische und Public-Health-Strategien in ressourcenarmen Regionen nützlich ist.

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