Wasserhaushalt im Gleichgewicht |
Barbara Döring |
04.10.2024 15:00 Uhr |
Über die oft gehörte pauschale Empfehlung, man solle »viel trinken« ärgert sich der Nephrologe immer wieder. Ursprünglich stamme dieser Rat vom griechischen Arzt Galen, der im zweiten Jahrhundert nach Christus in Rom tätig war. Wer »viel« trinkt, sei jedoch nicht automatisch gesünder. So zeigten Studien etwa, dass sich die Nierenfunktion nicht verbessert, wenn täglich 2,5 Liter getrunken würden. Laut Meyer ist die Trinkrechnung einfach: »Was unten rauskommt, muss oben wieder aufgefüllt werden.« In der Regel also etwa 1,5 Liter.
Die Menge hängt auch davon ab, wie viel Wasser die Nieren aus dem Primärharn zurückholen können. Je mehr das ist, umso weniger Urin wird ausgeschieden und entsprechend weniger muss getrunken werden. Die geringste gebildete Menge Urin beträgt etwa 1 Liter bei normaler Nierenfunktion. Wer dann weniger trinkt, kommt irgendwann in eine negative Wasserbilanz. Ist die ausgeschiedene Harnmenge noch geringer, kann das ein Warnzeichen für eine Niereninsuffizienz sein, die ärztlich abzuklären ist.
Verschlechtert sich die Nierenfunktion, sind die Tubuli nicht mehr so gut in der Lage, den Primärharn zu konzentrieren. Dann bleibt mehr Wasser im Urin zurück und es wird mehr Flüssigkeit ausgeschieden. »Entsprechend mehr muss ein Patient mit eingeschränkter Nierenfunktion trinken, damit die Flüssigkeitsbilanz im Gleichgewicht bleibt«, erläutert Meyer. Sind die Nieren jedoch so weit geschädigt, dass sie nicht mehr genug Flüssigkeit ausscheiden können, muss der Patient sein Trinkverhalten wieder anpassen und entsprechend weniger trinken, um das Wasser nicht im Gewebe einzulagern.
Bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz reicht die Ausscheidung irgendwann nicht mehr aus und eine Dialyse wird unumgänglich. Was der Körper nicht ausscheidet, wird dann über die Blutwäsche entfernt. Der Patient darf an diesem Punkt kaum noch etwas trinken oder nur die geringe Menge, die der Körper selbst noch ausscheidet.