Wie Gen- und Immuntherapien funktionieren |
Mit der CRISPR/Cas-Genschere können Genomkorrekturen vorgenommen werden, indem Zielsequenzen gelöscht, ausgetauscht oder eingefügt werden. / © Adobe Stock/Jacqueline Weber
Hierzulande sind rund 4 Millionen Menschen von einer Seltenen Erkrankung betroffen. Eine Erkrankung gilt dann als selten, wenn nicht mehr als 5 von 10.000 Menschen von ihr betroffen sind. 80 Prozent dieser Seltenen Erkrankungen sind genetisch bedingt; viele von ihnen beruhen auf einem einzelnen Gendefekt. Ziel der Gentherapie ist es, diesen zu beheben und damit eine normale Funktion der betroffenen Zellen oder Gewebe zu ermöglichen.
Für Betroffene bietet die Gentherapie eine Möglichkeit, die oft notwendigen belastenden Therapien zu ersetzen sowie je nach Erkrankung ein Fortschreiten zu verhindern, die Lebenserwartung zu erhöhen oder die Lebensqualität zu verbessern. Daneben konzentriert sich die gentherapeutische Forschung zunehmend auf Erkrankungen, deren zugrunde liegende Gendefekte im Laufe des Lebens erworben wurden. Im Fokus stehen Krebserkrankungen und schwere Infektionskrankheiten wie Aids.
Um einem fehlerhaften Gen zur richtigen Funktionsweise zu verhelfen, stehen der Gentherapie drei verschiedene Verfahren zur Verfügung:
Damit ein therapeutisches Gen überhaupt in die Körperzellen eines Patienten gelangen kann, braucht es ein Transportvehikel. In der Gentherapie spricht man von Vektoren, die drei wichtige Voraussetzungen erfüllen müssen: Sie müssen lange genug im Körper bestehen können, um an ihren Einsatzort zu gelangen, ohne von körpereigenen Abwehrmechanismen zerstört zu werden. Sie müssen die Membranen der Zielzellen passieren können und sie müssen bis in den Zellkern vordringen können.
Als effiziente Vektoren haben sich Viren erwiesen. Besonders geeignet für das Einbringen eines therapeutischen Gens sind Adeno-assoziierte Viren (AAV). Für ihren Einsatz als Vektor werden alle für den Menschen schädlichen Gene entfernt. Übrig bleiben nur die Gene, die dafür sorgen, dass das gewünschte Genmaterial in die Zielzellen gebracht wird.
Für die »Lieferung« der therapeutischen Gene stehen anschließend mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. Ein integrierender Vektor bringt die gesunde Genkopie direkt in die DNA der Zelle. Das hat den Vorteil, dass die Information zur Fehlerbehebung bei jeder Zellteilung an die Tochterzellen weitergegeben wird. Nicht integrierende Vektoren laden das therapeutische Gen im Zellkern ab und integrieren sich nicht in das Genom der Zelle. Notwendige Voraussetzung für dieses Vorgehen: Die Zellen teilen sich nur selten.
Unterschiede gibt es auch beim Transfer des Vektors in den Körper. Bei der In-vivo-Gentherapie wird der Vektor direkt in das betroffene Organ beziehungsweise Gewebe injiziert (lokaler In-vivo-Gentransfer) oder in die Blutbahn appliziert (systemischer In-vivo-Gentransfer). Bei der Ex-vivo-Gentherapie werden den Betroffenen zunächst Zellen entnommen. Der Vektor mit dem therapeutischen Gen wird außerhalb des Körpers eingebracht und die sogenannten transduzierten Zellen anschließend wieder in den Körper rückgeführt. Dieses Vorgehen kommt derzeit vor allem für die Behandlung von Erkrankungen des hämatopoetischen Systems sowie bei Tumoren und Virusinfektionen zum Einsatz.