Wie Gen- und Immuntherapien funktionieren |
Auch die CAR-T-Zelltherapie gilt als Meilenstein im Konzept, immuntherapeutisch zu behandeln. Bei bestimmten Formen von Blut- oder Lymphdrüsenkrebs sowie beim Multiplen Myelom ist sie heutzutage oft der letzte Ausweg für Patienten, die auf gängige Behandlungen nicht ansprechen.
Die CAR-T-Zelltherapie ist eine bestimmte Art der Immuntherapie, die das körpereigene Immunsystem befähigen soll, Tumorzellen anzugreifen. Die Abkürzung »CAR« steht dabei für chimärer Antigenrezeptor. Dieser künstliche Antigenrezeptor wird aus unterschiedlichen Bestandteilen zusammengebaut (chimär), dann in T-Abwehrzellen integriert und auf deren Oberfläche exprimiert. Die T-Lymphozyten werden von dem jeweiligen Patienten selbst gewonnen und im Labor gentechnisch so verändert, dass sie die Krebszellen zerstören können. Der CAR dient dabei als Lotse: Er spürt eine bestimmte Zielstruktur auf den Tumorzellen auf und dockt dann daran an.
Die Behandlung mit den CAR-T-Zellen erfolgt in einem von etwa 40 speziellen, dafür qualifizierten Zentren in Deutschland. Die Behandlung beginnt mit der sogenannten Leukapherese: Dem Patienten wird Blut abgenommen, anschließend werden die weißen Blutkörperchen, also die Leukozyten, herausgefiltert. Die anderen Blutbestandteile werden dem Patienten gleich wieder zugeführt.
Anschließend werden die Leukozyten im Labor bearbeitet: Die T-Zellen, die Teil des adaptiven Immunsystems sind, werden von den übrigen Leukozyten abgetrennt. Anschließend wird die künstlich hergestellte Erbinformation für den CAR in das Genom der T-Zelle eingebaut. Die gentechnisch veränderten T-Zellen stellen nun den CAR her und er erscheint auf der Zelloberfläche – das sind die fertigen CAR-T-Zellen.
Bevor die Betroffenen die CAR-T-Zellen per Infusion bekommen, erhalten sie noch eine Chemotherapie (in der Regel mit Cyclophosphamid und Fludarabin), um die Aktivität der Tumorzellen und des körpereigenen Immunsystems herunterzufahren und so die spätere Aufgabe für die CAR-T-Zellen zu erleichtern. Diesen Vorgang nennt man Lymphodepletion. Die gesamte CAR-T-Zelltherapie dauert in der Regel mehrere Wochen.
Bei der CAR-T-Zelltherapie werden T-Lymphozyten mit chimären Antigen-Rezeptoren (CAR) ausgestattet; diese dienen als eine Art Fühler für Krebszellen. / © Getty Images/Science Photo Library/Thom Leach
Nach der Infusion der CAR-T-Zellen – meist ist für das Therapieansprechen nur eine einzige Infusion nötig – bleiben die Patienten 10 bis 14 Tage im Krankenhaus. Dies ist gesetzlich vorgeschrieben, um potenziell auftretende schwere Nebenwirkungen sofort behandeln zu können. Aufgrund der teils schwerwiegenden Nebenwirkungen und Toxizitäten sollen CAR-T-Zelltherapien laut Zulassung nur angewendet werden, wenn zuvor mindestens zwei andere Krebstherapien nicht angeschlagen haben. Patienten, die eine CAR-T-Zelltherapie bekommen, sind also immer schon stark vorbehandelt.
In der Europäischen Union sind verschiedene CAR-T-Zelltherapien zugelassen. Vier davon – Tisagenlecleucel, Axicabtagen-Ciloleucel, Brexucabtagen-Autoleucel und Lisocabtagen maraleucel – richten sich gegen das Oberflächenantigen CD19 auf B-Lymphozyten, die ebenfalls zu den weißen Blutkörperchen gehören und Bestandteil des Immunsystems sind. Die CAR-T-Zellen kommen daher bei verschiedenen B-Zell-Erkrankungen wie bestimmten Leukämien und Lymphomen zum Einsatz. Idecabtagen vicleucel und Ciltacabtagen autoleucel richten sich gegen das B-Zell-Reifungsantigen (BCMA) auf Plasmazellen des Multiplen Myeloms.