Alarm im Auge |
Verena Schmidt |
15.08.2025 16:00 Uhr |
Rot und gereizt: Das spricht für eine Bindehautentzündung. Ist sie viral oder bakteriell bedingt, ist die Ansteckungsgefahr groß – Betroffene sollten auf eine umfassende Hygiene achten. / © Adobe Stock/Janeberry
Ob nach dem Schwimmbadbesuch, aufgrund einer Erkältung oder wegen verunreinigter Kontaktlinsen: Infektionen am Auge sind bei Kindern und Erwachsenen weit verbreitet. »Die häufigsten infektiösen Augenerkrankungen sind Bindehautentzündungen, die bakteriell oder viral verursacht sein können. Auch Lidrandentzündungen oder ein einfaches Gerstenkorn – also eine Entzündung am Ober- oder Unterlid – sind nicht selten und können mitunter recht unangenehm sein«, erläutert Dr. Karsten Paust im Gespräch mit PTA-Forum. Paust ist niedergelassener Augenarzt in Bonn und Vorsitzender der Delegiertenversammlung des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands (BVA).
Seltener treten Entzündungen der Augapfeloberfläche auf, etwa durch Herpes-Viren oder als Folge des Tragens von Kontaktlinsen. »Das Problem ist hier, dass dann auch die eigentlich klare Hornhaut befallen wird und das zu dauerhaften Schäden führen kann«, warnt der Experte.
Bei einer Konjunktivitis entzündet sich die Bindehaut, eine schleimhautähnliche Gewebeschicht, die den Augapfel mit der Innenseite der Lider verbindet. Zwar können auch Bakterien wie Staphylokokken, Streptokokken oder Pneumokokken die Bindehaut befallen. In den meisten Fällen sind jedoch Viren die Auslöser, allen voran das Adenovirus, ein äußerst widerstandsfähiger Erreger, der auch Atemwegsinfektionen und Magen-Darm-Erkrankungen hervorruft. »Saisonale, hoch ansteckende Adenovirus-Epidemien nehmen zu«, sagt Ophthalmologe Paust. Bestimmte Serotypen, insbesondere 8, 19 und 37, können eine sogenannte Augengrippe beziehungsweise Keratokonjunktivitis epidemica auslösen. Deren Symptome sind oft ausgeprägter als die einer gewöhnlichen Bindehautentzündung; die Erkrankung ist zudem in Deutschland meldepflichtig.
Die »normale« Bindehautentzündung beginne oft einseitig, informiert Paust, breite sich aber kurze Zeit später häufig auch auf das zweite Auge aus. Typische Symptome sind gerötete Augen und verklebte Lider, vor allem am Morgen nach dem Aufwachen. »Bakterielle Entzündungen haben meist ein eitriges, gelb-grünes Sekret, während virale ein eher wässriges Sekret aufweisen«, sagt der Augenarzt. Auch geschwollene Lymphknoten im Kopf-/Halsbereich sowie Erkältungssymptome können begleitend auftreten.
Betroffene klagen häufig auch über ein Druckgefühl im Auge, manchmal begleitet von Brennen oder verstärktem Tränenfluss. Nicht immer steckt ein Erreger dahinter: Bei der allergischen Konjunktivitis dominieren andere Symptome. »Ist die Entzündung allergisch bedingt, imponiert ein starkes Jucken beider Augen mit wässrigem Sekret«, erklärt der Ophthalmologe.
Das Trachom oder die Conjunctivitis trachomatosa ist mit etwa 500 Millionen Erkrankten die weltweit häufigste Augenerkrankung und die häufigste infektiöse Ursache für Erblindung. Es handelt sich um eine chronisch-follikuläre beidseitige Bindehautentzündung, ausgelöst durch das Bakterium Chlamydia trachomatis. Die Erkrankung beginnt meist in der Kindheit und kann unbehandelt zu Narbenbildung, Einwachsen der Wimpern (Trichiasis) und schließlich zur Erblindung führen. Die Erkrankung wird per Schmierinfektion oder durch Fliegen übertragen und tritt vor allem in Entwicklungsländern unter schlechten Hygienebedingungen und bei Wasserknappheit auf.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt in endemischen Ländern Eliminierungsprogramme nach der SAFE-Strategie:
Bei einer leichten, beidseitigen Bindehautreizung ohne Sehverschlechterung, Schmerzen oder eitrigem Sekret könnten PTA und Apotheker zunächst ein handelsübliches Tränenersatzmittel empfehlen, so Paust. Gängige Präparate enthalten beispielsweise Hyaluronsäure, Polymere oder Cellulosederivate. Sie helfen, den Tränenfilm zu stabilisieren und lindern Reizungen. Bei saisonaler allergisch bedingter Konjunktivitis können Beschwerden gezielt mit lokalen Antiallergika etwa mit den Wirkstoffen Azelastin, Ketotifen, Levocabastin oder vorbeugend Cromoglicinsäure behandelt werden. Paust betont: »Bessern sich die Beschwerden nicht innerhalb von ein bis drei Tagen, sollte eine augenärztliche Abklärung erfolgen.«